Vom Himmel hoch

Widerstand gegen den NS in Österreich

»In der Nacht vom 12. auf den 13. August landete die erste Gruppe von Agenten, die für Österreich bestimmt waren«, heißt es in dem Bericht des britischen Agenten Patrick Martin-Smith. Was diesem 12. und 13. August 1944 folgte, war der Versuch, den Partisanenkampf, der nach der Kapitulation Italiens und der Gründung der »Republik von Saló« in Norditalien mehrere kurzlebige »Partisanenrepubliken« etablieren konnte, nach Österreich zu exportieren.

Erst 60 Jahre nach diesen Ereignissen ist der aus dem Gedächtnis geschriebene – aber durch zusätzliche Recherchen abgesicherte – Bericht des damals an der Operation des britischen Geheimdienstes Special Operations Executive (SOE) führend beteiligten Patrick Martin-Smith nun auch in deutscher Sprache erschienen. Der Herausgeber Peter Pirker hat den Bericht nicht nur übersetzt, sondern mit einer umfangreichen historischen Einleitung und biografischen Skizzen zu den Widerstandskämpfern ergänzt. Es ist ihm gelungen, die meisten von Patrick Martin-Smith mit Tarnnamen versehenen Akteure namentlich zu identifizieren und ihre Biografie zu rekonstruieren.

»Widerstand vom Himmel« beschreibt ein bislang kaum beachtetes Kapitel der Spätphase des Nationalsozialismus in Österreich. Wer eine Heldengeschichte erwartet, wird allerdings enttäuscht. Die Hoffnung, in Österreich Partisanen zu finden und einen nennenswerten Widerstand aufzubauen, scheiterte an der Organisation der Operation und an den österreichischen Verhältnissen selbst. Martin-Smith schreibt über seine Gruppe, dass sie »Amateure« gewesen seien, doch der Hauptgrund für das Scheitern der Operation lag in der Haltung der Bevölkerung, die von den Briten völlig falsch eingeschätzt worden war.

»Niemand von uns«, schreibt der Autor, »hätte an einem Einsatz teilgenommen, der den Widerstand in Österreich vorantreiben sollte, ohne davon auszugehen, dass die Österreicher im Grunde Antinazis waren und das Land ein widerwilliger Teil des Großdeutschen Reiches war; kurz, Österreich eine nationale Identität sowie den Wunsch hatte, seine Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Dass diese Überzeugung eher auf Glaube denn auf Tatsachen beruhte, gehörte zu den ersten schmerzhaften Erfahrungen«.

Zwar hat Martin-Smith bis zum Ende des Buches nicht völlig seine Hoffnung verloren, dass ihre Mission erfolgreicher hätte enden können, falls dieser oder jener Faktor dazugekommen wäre. Sein Bericht endet jedoch mit dem Satz: »These are ifs and ifs are not history.«

Das Scheitern der Bemühungen des SOE und seiner österreichischen Verbündeten, die für ihren Einsatz teilweise mit dem Leben bezahlen mussten, rechtfertigt jedoch nicht das nachträgliche Vergessen oder die Denunziation der Akteure, die auch nach 1945 noch als »Banditen« und »Kriminelle« betrachtet wurden und oft bis zu ihrem Tod über ihre Tätigkeit im Widerstand schwiegen. Gegen dieses Vergessen leistet das Buch einen späten, aber umso wichtigeren Beitrag.

thomas schmidinger

Patrick Martin-Smith: Widerstand vom Himmel. Czernin Verlag, Wien 2004, 415 S., 27 Euro