»Die B.Z. hat Wollita zum Leben erweckt«

small talk

Eine Gruppe von Künstlern demonstrierte in der vorigen Woche vor dem Springer-Gebäude in Berlin dafür, dass die Stoffpuppe Wollita den Kulturpreis der B.Z. erhält. Ein Gespräch mit Françoise Cactus, der Schöpferin von Wollita.

Warum fordert ihr, dass Wollita den B.Z.-Kulturpreis 2005 erhält?

Wollita hätte ihn verdient. Eigentlich ist sie erst durch die B.Z. zum Leben erwacht. Vorher war Wollita nur eine Wollpuppe. Durch den ganzen von der B.Z. inszenierten Skandal ist Wollita bekannt geworden. Sie wurde für die Zeitung von einer Psychologin untersucht. Diese hat behauptet, Wollita würde perverse, alte Männer dazu bringen, zum nächsten Kindergarten zu laufen, um sich auf kleine Kinder zu werfen.

Eigentlich wollte ich mit Wollita über aufblasbare Sexpuppen spotten. Denn an solche erinnert sie, sie ist so groß wie ein Mensch. Aber sie ist gehäkelt und hat das Muster eines Topflappens. Die B.Z. hat die Ironie überhaupt nicht verstanden. So kam diese arme Puppe auf die erste Seite der Zeitung. Daneben stand: Skandal! Unsere Ausstellung »When Love Turns To Poison« wurde als »Kinderpornoausstellung« bezeichnet!

Und jetzt wollen wir, dass Wollita als Ausgleich den Preis bekommt. Wir denken, dass Leute, die kleine Ausstellungen verteufeln, nicht geeignet sind, Kulturpreise zu vergeben. Die B.Z. verleiht immer Preise an Leute, die bereits anerkannte Künstler sind. Über uns schrieb sie als »Künstler« in Gänsefüßchen, sprach von »Kunst« in Gänsefüßchen. Die haben auch gelogen, als sie sagten, die Ausstellung hätte 30 000 Euro gekostet. Sie hat nur 2 000 Euro gekostet. Deshalb wollten wir jetzt eine Revanche. Unseren Aufruf für Wollita haben 250 Künstler unterschrieben.

Gab es eine Reaktion der B.Z. auf eure Aktion?

Wir standen vor dem Gebäude mit einem Transparent und mit der Puppe, und wir zogen uns alle Oma-BHs an. Aber ich weiß nicht, ob die B.Z. etwas darüber geschrieben hat. Ich kaufe nie die B.Z.

Wie geht es Wollita jetzt, und wo ist sie?

Die sitzt hier an meinem Schreibtisch. Da, wo ich sitzen sollte.

interview: stefan wirner