Dänen, Sorben, Rastafaris

Deutsche Minderheitenpolitik
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Die Dänen werden von den Deutschen gewöhnlich als eine Art kleiner Bruder im Norden angesehen. Doch seit der Landtagswahl in Schleswig-Holstein nimmt man sie plötzlich ernst. Für die einen, wie den CDU-Vorsitzenden im Kreis Lauenburg, Norbert Brackmann, handelt es sich um eine »dänische Gefahr«, die »unsere schleswig-holsteinische Identität und Kultur« bedroht, für andere ist die dänische Minderheit ein echtes Vorbild. Für die Sorben etwa. Voller Neid blickt die slawische Minderheit aus Sachsen und Brandenburg nach Norden. So viel Geltung hätten die rund 60 000 Sorben auch gerne. Ihr Dachverband, die Domowina, habe in der Vergangenheit oft über die Gründung einer eigenen Partei nachgedacht, erklärte der Vorsitzende Jan Nuck. Jetzt wollen die Sorben auch politischen Einfluss, eine »Beschränkung auf Beratungsrecht ist nicht sinnvoll«, sagt Nuck.

Insgesamt gibt es vier anerkannte »nationale Minderheiten« in Deutschland: Dänen, Friesen, Sinti und Roma sowie Sorben. Die rund 50 000 Dänen sind die einzigen, die mit dem Südschleswigschen Wählerverband eine eigene Partei haben. Die Sorben sind eher mit der Brauchtumspflege beschäftigt. Sie unterhalten eigene Schulen, pflegen ihre Tracht, ihre Sprache und altertümliche Sitten. Dafür bekommen sie vom Steuerzahler jährlich über acht Millionen Euro zugesteckt.

Was macht die sorbische oder friesische Kultur so schützenswert? Minderheiten unterscheiden sich von der Mehrheit angeblich durch eine eigene kulturelle Identität. Doch ein kiffender Rastafari aus Neukölln hat sicher weniger kulturelle Gemeinsamkeiten mit dem Mainstream als eine keusche sorbische Kindergärtnerin in Cottbus. Wenn es wirklich um kulturelle Vielfalt geht, wo sind dann die Staatsgelder für Rastafaris, Punks, Skins, Veganer, Opernfreunde, Bayern-München-Fans?

Geht es nicht um Multikulti, dann vielleicht um die Sprachenvielfalt? Nun, man kann kaum behaupten, das Dänische sei vom Aussterben bedroht. Doch während man den Sorben und Friesen zweisprachige Ortsschilder in die Landschaft stellt, wird von der 50 Mal größeren türkischen oder der polnischen Minderheit, aber auch von den Sinti und Roma eine zügige und möglichst vollständige Assimilation verlangt. Für Türken Deutschkurse, für Sorben sorbische Schulen.

Der Minderheitenschutz ist eine sinnvolle Angelegenheit, gerade auch in Deutschland. Allerdings soll er Minderheiten vor Diskriminierung schützen. Wenn Menschen ihre Sprache nicht sprechen dürfen oder wegen ihrer ethnischen Zuschreibung, so wie die Roma, andauernd diskriminiert werden, dann, und nur dann muss man sich für ihre Rechte engagieren. Wenn jedoch zum Beispiel niemand mehr sorbisch sprechen will und sich immer mehr junge Menschen von dieser antimodernen Tradition lossagen, dann ist Minderheitenpolitik, wie sie derzeit betrieben wird, nichts anderes als die Schaffung von Brauchtumsreservaten, einem Ethno-Zoo.

Wenn Sorben unbedingt ihr erzkatholisches Leben mit Handarbeiten und Bräuchen wie dem jährlich zelebrierten »Hexenbrennen« verbringen wollen, dann sollen sie das tun, aber weshalb sollte der Staat sie subventionieren? Sie brauchen auch gar keine eigene Partei, denn sie können genauso gut in der CDU oder auch in der PDS ihren Weg machen. Dort werden sie nicht etwa diskriminiert, sondern leidenschaftlich hofiert, aus wahltaktischen Gründen. Ebenso wie die Dänen in diesen Tagen. Minderheiten braucht man in Deutschland vor allem für eins: um Mehrheiten zu schaffen.