Ein folgerichtiges Urteil

Das Urteil des Bundesgerichtshofes richtet sich vor allem gegen die organisierte Verbreitung von Volksverhetzung. von klaus parker

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofes gegen die Band Landser ist nur folgerichtig. Die gesetzliche Vorschrift über die Bildung krimineller Vereinigungen ist auf Parteien, die vom Bundesverfassungsgericht noch nicht verboten worden sind, wie etwa die NPD, unanwendbar (Paragraf 129 Abs. 1 Ziffer 1 StGB). Die Einbindung von organisierten und militanten Rechtsextremisten in die Programmatik der NPD unter dem Stichwort »Kampf um die Straße« schließt gerade die organisatorische, zumindest jedoch die offen sichtbare Integration in Parteistrukturen aus. Mit anderen Worten existieren diese Gruppen und Vereinigungen zwar mit, aber eben neben der NPD und sind somit geeignet, unter dem Gesichtspunkt einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung betrachtet zu werden.

Es ist eben kein Zufall, sondern der Strategie der Rechtsextremisten selbst geschuldet, dass die ersten Strafurteile in dieser Richtung zu einem Zeitpunkt ergingen, zu dem sich die oben geschilderte »Arbeitsteilung« zwischen der NPD und sonstigen rechtsextremistischen Gruppierungen etabliert hat.

Eine derartige Vereinigung ist charakterisiert durch einige Dauer und eine organisationsinterne Willensbildung. Letztgenannte braucht nicht demokratisch zu sein, sondern kann durchaus auf dem so genannten Führerprinzip beruhen. Dies dürfte bei einer Vielzahl rechtsextremer Gruppen auch tatsächlich der Fall sein. Die Anforderung an den Organisationsgrad liegt unter der für Vereinigungen, die unter das Vereinsgesetz fallen und entweder vom Bundesinnenministerium oder von den Innenministern der Länder verboten werden können.

Dies bedeutet nicht, dass sich kriminelle Vereinigungen und Vereine gegenseitig ausschlössen. Bei kriminellen bzw. terroristischen Vereinigungen besteht jedoch die Besonderheit, dass diese auch mangels Organisationsgrad nach dem Vereinsgesetz »nicht zu greifen« sind. Der Bundesgerichtshof hat diesen Umstand in seiner Revisionsentscheidung nochmals deutlich gemacht, indem er ausführte, dass bei der kriminellen Vereinigung solche vereinstypischen Merkmale wie ein Vorstand und eine Satzung entbehrlich seien.

Bei neueren Organisationsformen von Rechtsextremisten, etwa in »Kameradschaften« oder in »Arbeitsgemeinschaften freier Nationalisten«, dürfte demnach oftmals ein Vorgehen nach dem Vereinsgesetz mangels Organisationsgrad nicht möglich sein, die Strafvorschriften über die Bildung einer kriminellen Vereinigung greifen in diesen Fällen jedoch trotzdem.

Im Fall der Band Landser wird oft das Argument verwandt, es habe sich um eine reine Musikergruppe gehandelt und man könne eine solche (was auch immer der Kunstbegriff angesichts der gewalttätigen Texte bedeuten mag) per se nicht als kriminelle Vereinigung titulieren und behandeln. Diese Sichtweise lässt unberücksichtigt, dass es neben den eigentlichen Stücken der Band vorrangig um deren Vermarktung ging.

Die Scheiben waren zu pressen und zu vertreiben. Wegen der durchweg volksverhetzenden Inhalte der Stücke geschah dies über konspirative Strukturen. Diese mussten gut und arbeitsteilig ausgebildet sein, um den Transport, die Werbung, die Verteilung und das Inkasso durchzuführen.

Die jeweils »neueste Landser« war insofern so etwas ähnliches wie eine LKW-Ladung unverzollter und unversteuerter Zigaretten, die unter Wahrung der Konspiration an den Käufer zu bringen war. Sie war eben auch eine Ware, die den Gesetzmäßigkeiten jedes legalen oder illegalen Warenverkehrs unterliegt. Auch diesem Umstand trägt die nunmehr höchstrichterliche Rechtsprechung Rechnung.

Weder das Kunstprivileg noch das Parteienprivileg der NPD stehen einer Behandlung von Neonazi-Bands als krimineller Vereinigungen entgegen. Diese Rechtsprechung ist zum einen die Reaktion auf den Versuch der parteilich organisierten Rechtsextremisten, gewalttätige Gruppen inhaltlich, aber nicht organisatorisch an sich zu binden, und zum anderen darauf, dass rechtsextremistische und volksverhetzende Botschaften »unters Volk« gebracht werden sollen und insofern Waren wie alle anderen sind.

Der Autor ist Mitarbeiter von hagalil.com