Pakt der Elite

Die Krise in Bolivien von simón ramírez voltaire

Mit weißen Taschentüchern wedelte am Mittwoch der vergangenen Woche eine feiernde Gruppe auf der Plaza Murillo in La Paz. Auf spitzen Füßen tanzt man den traditionellen Cueca und singt dazu: »Es lebe mein Vaterland Bolivien.« Die Demonstranten feiern den Verbleib von Präsident Carlos Mesa im Amt.

Noch Tage zuvor schien er politisch am Ende zu sein. Er stand unter dem Druck der beiden Teile, in die sich das Land gespalten hat. Auf der einen Seite stehen Indígenas, Gewerkschaften und Nachbarschaftsräte. Auf der anderen steht die Oligarchie, die sich wegen der mächtiger werdenden Protestbewegung im Wirtschaftszentrum Santa Cruz sammelt und Autonomie fordert.

Am vorletzten Sonntag kündigte Mesa seinen Rücktritt an. Aus Angst vor der Destabilisierung des Landes lehnten alle Fraktionen des Parlamentes die Amtsniederlegung ab. Mesa akzeptierte, machte aber die Zustimmung zu niedrigen Steuern für gasexportierende Unternehmen zur Bedingung. Den »nationalen sozialen Pakt«, der das garantieren soll, unterzeichneten allerdings nur Parteien der weißen Elite.

Die Bewegung für den Sozialismus (Mas) fordert dagegen, dass die Unternehmen 50 Prozent der Gewinne an den Staat abführen. Für die Indigena-Partei, die zweitstärkste Fraktion im Parlament, sind Steuern auf den Verkauf der Bodenschätze gleichbedeutend mit demokratischen Rechten für die Indígenas. Der wichtigste Oppositionelle, Evo Morales (Mas), hatte Mesa anderthalb Jahre unterstützt, das Land befriedet und Kompromisse erarbeitet. Nun, da wichtige, die Interessen der USA und transnationaler Konzerne berührende Abstimmungen bevorstehen, wechselte Mesa den Kurs und beendete den Dialog.

Symbolisch ist Bolivien jetzt wieder zweigeteilt. Auf der einen Seite befindet sich die weiße Oligachie, die über Parteigrenzen hinweg den weißen Präsidenten unterstützt. Auf der anderen ist die Gewerkschaftsbewegung, diffamiert als »stinkende Indios«, deren Proteste die wirtschaftliche Stagnation verursacht haben.

Dopch auch die Oligarchie hat durch ihre Mobilisierungen den Druck auf Mesa verstärkt. Der Präsident hat sich nunmehr für ihre Seite entschieden. Und das war für die weiße Oberschicht mit den Taschentüchern ein Grund zum Feiern.