Spatz im Tiefflug

in die presse

Es ist ganz einfach, politische Probleme zu lösen. Man darf nur nicht die Regierung fragen, denn »die hat den Bezug zu den Bürgern verloren«, oder den »Berliner Bürgermeister, der mehr auf Parties denn an seinem Arbeitsplatz anzutreffen ist«. Stattdessen frage man den Bitterfelder CDU-Stadtrat Klaus-Peter Sperling. Da der Missionsdrang dieses Provinzpolitkers größer ist als sein Einfluss, nutzt er das Anzeigenblatt Bitterfelder Spatz als Forum zur Verbreitung seiner Ansichten.

Er erklärt, »warum die Rechtsradikalen immer mehr an Boden gewinnen«. Die Liste ist lang: »Scheinvaterschaften werden gestattet, Asylbetrüger höchst selten abgeschoben, (…) bestechliche Bundesliga-Schiedsrichter werden zu ›Kerner‹ (gegen Honorar) eingeladen, (…) Schwule und Lesben in (der) Politik werden hochgejubelt.« Nicht zu vergessen natürlich: »Unsere Politik wird teilweise vom Zentralrat der Juden mitbestimmt.« Was bleibt dem braven Bürger da anderes übrig, als Nazi zu werden? Doch es gibt eine Lösung. Sperling rät den Politikern: »Ändert doch einfach das betreffende Gesetz.«

Bürgermeister Werner Rauball (SPD) war nicht begeistert von der »rassistischen und antisemitischen Hetze und Provokation«. Lars-Jörn Zimmer, der CDU-Fraktionschef im Stadtrat, sagte dagegen am Dienstag der vergangenen Woche: »Da ist nichts so anstößig, dass man darauf reagieren müsste.« Zwei Tage später fand er dann doch, dass »das eine oder andere sicher zu hinterfragen« sei. Offenbar hatte ihn der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende, Reiner Haseloff, zur Ordnung gerufen. Die CDU-Führung hat es nicht leicht, ihre rechte Basis zu halten, und zugleich dafür zu sorgen, dass sie das Ansehen der Partei nicht schädigt.

Dem Ansehen des Bitterfelder Spatzen bei den Anzeigenkunden scheinen Sperlings Eskapaden nicht zu schaden. »Je mehr Artikel der Spatz beinhaltet, desto aufmerksamer wird er gelesen und mit ihm die darin enthaltenen Anzeigen. Das Konzept ging in etwa auf«, analysiert Sperling den Erfolg seiner journalistischen Arbeit.

maxim kammerer