Nur 48 Stunden

Mehr Party, weniger Labour von alex veit

Für die Partei der Arbeit sitzen sie im Parlament, und eigentlich könnte man annehmen, dass der Name eine Verpflichtung ist. Den britischen Europaabgeordneten der Labour Party jedoch ist das savoir vivre ihres Gastgeberlands zu Kopf gestiegen. In der vergangenen Woche stimmten sie im Europäischen Parlament in Strasbourg für die Abschaffung einer Sonderregelung, die es den Briten bislang erlaubte, mehr als 48 Stunden in der Woche zu arbeiten. Eine Arbeitspartei, die die Arbeit verbietet?

Immerhin ein Unermüdlicher arbeitet unverdrossen für das Recht auf selbstbestimmte Lebensgestaltung: »Falsch« und »fehlgeleitet« sei das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten, sagte Tony Blair, der Vorsitzende eben jener Arbeitspartei. Er plant deshalb ein Bündnis mit den Ministerpräsidenten der osteuropäischen EU-Staaten. Diese sind schließlich im Sozialismus sozialisiert worden, in dem man sogar an der Arbeit war, wenn es gar nichts zu tun gab. Deshalb werden sie das Gesetz im Europäischen Rat niederstimmen, um einen europäischen Freizeitpark zu verhindern.

Leider breitet sich auch im Mutterland des Kapitalismus selbst der gefährliche Wunsch nach Müßiggang aus. Eine Umfrage aus dem vergangenen Jahr belegt, dass 27 Prozent der Briten sich eine 35-Stunden-Woche wünschen. 19 Prozent würden sogar gerne eine nachmittägliche Siesta an ihrem Arbeitsplatz halten.

»Wir müssen die Menschen und die Regierungen mobilisieren, um dem die Stirn zu bieten«, verlangt der Arbeitspremier. »Fakt ist, dass die europäischen Ökonomien mit den Wachstumsmärkten der Welt konkurrieren – nicht nur mit Amerika, sondern auch mit den neuen Ökonomien in China und Indien. Wir können es uns einfach nicht leisten, unsere Flexibilität aufzugeben.«

Schon regt sich der Widerstand der arbeitenden Mehrheit gegen die feisten Labour-Abgeordneten. Jonathan Sayer aus Goole etwa opferte eine freie Minute, um an die Times zu schreiben: »Die Leute, die dort abgestimmt haben, verdienen fürstliche Summen, verglichen mit meinem Einkommen. Wie können sie es wagen, mir befehlen zu wollen, nicht länger als eine bestimmte Zeit zu arbeiten, um meinen Lebensstandard zu verbessern? Diese Entscheidung liegt bei mir und meinem Arbeitgeber.«