Ärger mit dem Rassenkämpfer

Ein Professor für Biologie an der Berliner Humboldt-Universität unterteilt die Menschheit in Rassen. Die Universitätsleitung ringt um Schadensbegrenzung. von jörg meyer

Schön klingt ihr Titel nicht: »Menschenrassen. Zur Aktualität rassistischer Konzepte in den Biowissenschaften« heißt die Veranstaltung, zu der Studierende der Philosophie, der Gender Studies und der Biologie am 9. Juni in die Humboldt-Universität einladen. Ebenso unschön ist ihr Anlass, ein seit dem Winter andauernder Streit.

Die Geschichte begann im vorigen Semester im interdisziplinären Seminar »Emotionen«. In einem von Andreas Elepfandt, Professor für Biologie an der Humboldt-Universität (HU), verfassten Handout stand zu lesen: »Beim Menschen wird meist von acht bis elf Rassen gesprochen. In Fachbüchern wird nirgends erwähnt, dass jemand die Existenz von Rassen beim Menschen anzweifelt. Derartige Positionen haben offenbar keine nennenswerte Resonanz.« In der nachfolgenden Diskussion um den Rassebegriff in der Humanbiologie habe Elepfandt ihn nach Berichten von Studierenden verteidigt und eine umstrittene Studie, in der mittels eines IQ-Tests »bewiesen« werde, dass Weiße klüger seien als Schwarze, als Beispiel für die Richtigkeit der Unterteilung von Menschen angeführt. Auf fachliche Kritik sei er nicht eingegangen und habe den Studierenden stattdessen vorgeworfen zu »moralisieren«, berichtet ein Mitglied der AG gegen Rassismus. Eine Dozentin und einige Studierende sollen Professor Elepfandt in der Folge als Rassisten bezeichnet haben.

Die Dozentin lehnte einen Kommentar dazu ab, »da gerade in dieser Angelegenheit zur Zeit sehr heikle Verhandlungen laufen«. Es stehe sehr viel auf dem Spiel, schrieb sie in einer Mail. Elepfandt wollte sich zunächst zu dem Fall äußern, verwies dann aber auf die Pressesprecherin der Universität, da das Präsidialamt den Fall in der vorigen Woche übernommen habe.

Tatsächlich hat sich der Rassebegriff nicht nur wegen der mörderischen Ideologie der Nationalsozialisten in den Naturwissenschaften disqualifiziert. Ulrich Kattmann, Professor für Biologie an der Universität Oldenburg und einer der für den 9. Juni geladenen Referenten, schreibt, dass anthropologische Rasseklassifikationen »nicht naturwissenschaftlich fundiert (seien), sondern Alltagsvorstellungen und sozialpsychologischen Bedürfnissen entspringen, die Wissenschaftler mit anderen Menschen ihrer jeweiligen Gesellschaften teilen«. Die Unesco kam 1952 zu dem Ergebnis, dass der Begriff der »Rasse« bei Menschen wissenschaftlich unhaltbar und wegen seines ideologischen Charakters gänzlich zu vermeiden sei.

Nun fürchtet die Universität um ihren guten Ruf. Susanne Baer, Juraprofessorin und Sprecherin des Zentrums für Gender Studies, sagt dazu: »Das ist eine wissenschaftliche und eine politische Frage, weil Wissenschaft ja nicht auf einem anderen Planeten stattfindet.« Mit »rassistischer Codierung von Wissen« setze man sich besonders an der HU systematisch auseinander. Deshalb wäre es »ganz dramatisch, wenn gerade hier aufgrund dieses Konflikts ein negativer Ruf an den Gender Studies haften bleibt. Das wäre für uns tödlich.« Sie begrüßt die studentische Initiative, sich in einer Veranstaltung mit dem Thema zu befassen.

Die Universitätsleitung will den Schaden auf ihre Weise begrenzen. Mitte voriger Woche unterzeichneten ein Vizepräsident der Humboldt-Universität und die am Streit Beteiligten – außer den Studierenden – ein offizielles Statement. Darin ist die Rede vom »Mut und Engagement der Akteure«, die entwertet würden, wenn sie »öffentlichen Attacken« und »politisierenden Zuschreibungen« ausgesetzt würden. Zudem gehören »Veranstaltungen, die zur Diffamierung einzelner Personen genutzt werden«, nicht zur »Praxis wissenschaftlicher Arbeit«. Um des guten Rufes und vielleicht auch um der Drittmittel willen, wird die Diskussion abgewürgt und in den »unpolitischen« Bereich der Wissenschaft zurückverwiesen.