In Potsdam läuft derzeit eine Gerichtsverhandlung wegen eines Naziüberfalls auf ein linkes Wohnprojekt. Am Rande des Prozesses wurden in der vorigen Woche Linke von Neonazis angegriffen. Ein Gespräch mit Claudia Luzar von der Initiative »Jugend engagiert in Potsdam«.
Was geschah am 1. Juni, am ersten Prozesstag?
Die Nazis haben auf diversen Internetseiten aufgerufen, zu dem Prozess zu kommen. Es handelt sich um Rechtsextreme aus dem Raum Berlin-Brandenburg, die offenbar gut mit den Potsdamer Nazis zusammenarbeiten. Da sie derzeit ja Probleme mit ihren Aufmärschen haben, wie etwa am 8. Mai in Berlin, scheint es ihre neue Taktik zu sein, bei diesen Prozessen aufzutauchen.
Die Nazis sind in einem Block, fast wie auf einer Demonstration, auf Punks losgegangen. Das waren etwa 40 Personen. Die waren fast wie Linke gekleidet, wie Antifas. Von den Handschuhen bis zu irgendwelchen Tüchern, mit denen sie sich vermummt hatten. Das Erstaunliche ist, dass die Polizei kaum eingegriffen hat. Sie war zwar am Amtsgericht und hat die Nazis teilweise begleitet, aber sonst kaum etwas getan.
Auch im Gerichtssaal soll es Rangeleien gegeben haben.
Ja. Eigentlich ist es ja ein Erfolg der Arbeit der »Opferperspektive« und anderer Gruppen, dass die Opfer rechter Gewalt im Prozess nicht allein stehen und ohne Druck von außen ihre Aussagen machen können. Das hat sich nun verändert. Weil die Nazis anwesend sind, ist es für die Betroffenen viel schwieriger geworden. Bei den Rangeleien ging es darum, wer mehr Plätze im Gerichtssaal bekommt.
Wie verlief der zweite Prozesstag?
Am zweiten Tag waren viel mehr Linke vor Ort, auch normale Potsdamer Bürger. Da ist es den Nazis nicht gelungen, eine derartige Macht im Gerichtssaal und im öffentlichen Raum zu entfalten. Und die Polizei war mit einem Großaufgebot da.
interview: stefan wirner
Der nächste Prozesstag findet am 13. Juni um 9 Uhr im Amtsgericht Potsdam statt.