The winner takes it all

Das Deutsche Polen-Institut feiert sein 25jähriges Jubiläum und freut sich auf neue Räume in der Oetinger Villa. Dort residiert bislang noch ein Jugend- und Kulturzentrum. von steffen falk

Ihr nehmt die Villa, wir das Rathaus!« Das klingt nach Monopoly, ist aber ein Slogan von Unterstützern des Jugend- und Kulturzentrums Oetinger Villa im südhessischen Darmstadt. Nutzer und Gäste des so romantischen wie geräumigen Gebäudes befürchten wegen eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 31. Mai nämlich den Verlust eines bei jugendlichen Einwohnern und Besuchern der Stadt beliebten Veranstaltungsorts.

Die Räumlichkeiten des Streitobjekts teilen sich seit 15 Jahren ein städtisches Jugendhaus und das selbst verwaltete Jugend- und Kulturzentrum, das von der Stadt finanziell unterstützt wird. Zu den Konzerten in der ehemaligen freiherrlichen Residenz kommt ein gemischtes Publikum teilweise von weit her, außerdem werden Discos und Lesungen veranstaltet, es gibt Filmvorführungen und einen Cafébetrieb. Darmstädter Bands proben in den Kellerräumen, politische Gruppen wie die Darmstädter Antifa sowie künstlerische Initiativen arbeiten in den Büros und Werkstätten.

Nach dem Willen der rot-grünen Stadtregierung wird es innerhalb der nächsten zwei Jahre Gewinner und Verlierer einer künstlich geschaffenen Konkurrenz geben. Deren unfreiwilliger Auslöser ist Dieter Bingen, der Direktor des Deutschen Polen-Instituts, der im August 2004 den akuten Raummangel beklagte. Das Institut, das derzeit in drei Gebäuden auf der im Jugendstil gestalteten Mathildenhöhe untergebracht ist, wurde 1980 gegründet, unter anderem mit der Unterstützung von Marion Gräfin Dönhoff, Helmut Schmidt und Karl Dedecius. Es dient vor allem dem kulturellen Austausch auf höchster Ebene und stellt so etwas wie eine kulturelle Botschaft Polens dar. Bei den genutzten Liegenschaften des Deutschen Polen-Instituts handelt es sich um feine, aber für seinen Bedarf zu kleine Villen. Die renommierte Einrichtung beansprucht vor allem für ihre Bibliothek mehr Platz. Weil der »weiche Standortfaktor« unbedingt gehalten werden soll, reichte der damalige Oberbürgermeister Peter Benz (SPD) im April eine Magistratsvorlage ein, die den Einzug des Instituts in die Oetinger Villa vorsieht.

Ein Lehrstück in Sachen Kommunalpolitik bietet auch sein Nachfolger Walter Hoffmann (SPD). Noch im März schrieb das Darmstädter Echo: »Geeinigt hatten sich die Grünen am Vorabend mit Hoffmann (SPD) über den Erhalt der Oetinger Villa als Zentrum der Jugendkultur.« Kürzlich äußerte er im Gegensatz dazu, dass nicht noch einmal drei Jahre diskutiert werden solle. Nach langer Debatte, in der sich vor allem die kleinen Fraktionen von FDP bis DKP gegen den Beschluss aussprachen, stimmte am 31. Mai die Stadtverordnetenversammlung der Magistratsvorlage zu. Am heutigen Mittwoch, beim offiziellen Festakt zum 25jährigem Jubiläum des Instituts, kann den prominenten Gästen – der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski und Bundespräsident Horst Köhler sind eingeladen – die Aussicht auf ein neues, repräsentatives Quartier eröffnet werden.

Die Vertreter des Jugend- und Kulturzentrums müssen derweil befürchten, bei künftigen Diskussionen um so genannte Ersatzobjekte über den Runden Tisch gezogen zu werden. Da der Einzug des Instituts in die Oetinger Villa bereits beschlossenen ist, kann auch kaum von offenen Gesprächen die Rede sein. Nichtsdestoweniger versuchen die Vertreter des Jugend- und Kulturzentrums, den Status quo zu erhalten. Nur falls ein gleichwertiges Ersatzobjekt angeboten wird, wollen sie einem Umzug zustimmen. Damit ist gemeint, dass sich entsprechende Räume, Infrastruktur und Verkehrsanbindung dort finden. Eine heruntergekommene Industriehalle oder Ähnliches wäre für die Gruppen keine annehmbare Alternative.