Hurra, wir leben noch! Der erste Angriff der Menschheit auf einen fremden Himmelskörper hat zumindest nicht dazu geführt, dass die Erde aus der Bahn geworfen wurde. Bisher sind auch keine Vergeltungsaktionen möglicher Bewohner oder interstellarer Eigentümer des Kometen »Tempel 1« bekannt geworden. Hoffen wir, dass es dabei bleibt. Am Montag hatte die Nasa den Kometen mit einer Rakete namens »Deep Impact« beschossen, einfach so, aus lauter Langeweile, oder vielleicht auch nur für die Show. Oder aus purer Bösartigkeit, man kennt ja diese Amerikaner. Angeblich wolle man auch Erkenntnisse über die Zusammensetzung des kartoffelförmigen Felsbrockens gewinnen. Aber wozu bitteschön?
Erbost wäre auch der Maler Max Ernst, hätte er diesen imperialistischen Überfall auf den friedlichen, hundert Prozent massenvernichtungswaffenfreien Kometen noch erlebt. Denn den Entdecker der fliegenden Kartoffel, Ernst Wilhelm Leberecht Tempel, verehrte er geradezu abgöttisch. Manche behaupten, Max Ernst habe sich selbst für eine Art Wiedergeburt Tempels gehalten . Aber wie wir ja wissen, kümmert so etwas die kulturlosen Amis nicht. Bombe drauf und fertig! Und was, wenn »Tempel 1« doch belebt war? Wenn eine kleine, niedliche, genügsame Population winziger Hobbits oder dergleichen ausgelöscht wurde? Wo bleiben die Demonstrationen, Proteste, Revolten? Wo ist die Friedensbewegung, wenn man sie braucht?
fabian sänger