Roma sind hier nicht erwünscht

Bei einer Anhörung im Europaparlament wurde die deutsche Praxis, Roma ins Kosovo abzuschieben, scharf kritisiert. von karin waringo, brüssel

In der vergangenen Woche organisierte das Europaparlament eine Anhörung zum Thema »Abschiebung Angehöriger von Minderheiten nach Kosovo«. Die Abgeordneten befassten sich zum ersten Mal öffentlich mit den so genannten Rückführungen von Roma, Ashkali und Kosovoägyptern in die Region. Bereits im April wurden im Parlament die Vertreibungen von Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien als »ethnische Säuberungen« verurteilt und Abschiebungen von Roma kritisiert.

Außer den beiden grünen Parlamentarierinnen Els de Groen aus den Niederlanden und Gisela Kallenbach aus Deutschland, die die Anhörung initiierten, fanden keine Abgeordneten den Weg in den Nebenraum des Parlaments. Weder die Bundesregierung noch die Regierungen der deutschen Bundesländer waren willig, einen Vertreter nach Brüssel zu schicken. Die deutsche Innenministerkonferenz hatte es vier Tage vor der Anhörung auch abgelehnt, auf einen Vorschlag von Innenminister Otto Schily einzugehen, bei Familien mit Kindern, die bereits länger in Deutschland leben, von den Abschiebungen abzusehen.

Die Anwesenden, auch die beiden Vertreter der UN-Zivilverwaltung im Kosovo (Unmik), waren sich rasch darüber einig, dass die Sicherheit von Angehörigen von Minderheiten im Kosovo nach wie vor nicht garantiert ist. Ein Unmik-Vertreter ging sogar so weit, die Entscheidung der Bundesregierung, Angehörige von Minderheiten nach Kosovo abzuschieben, als »Schande« zu bezeichnen.

Karsten Lüthke vom Unmik-Büro für die Flüchtlingsrückkehr relativierte gleich zu Beginn die Zahlen. 39 000 Roma, Ashkali und Kosovoägypter sei die Zahl, die die Bundesregierung in die Welt gesetzt habe. Er rechne aber kaum damit, dass in diesem Jahr mehr als tausend Ashkali und Kosovoägypter nach Kosovo abgeschoben würden. Die Bundesregierung spiele mit der Angst der Flüchtlinge und versuche zu erreichen, dass möglichst viele von ihnen Deutschland freiwillig verlassen. Er warnte die Nichtregierungsorganisationen davor, das Spiel der Bundesregierung mitzumachen, indem sie ebenfalls die Angst vor Abschiebungen schürten.

Am 26. März hatten die Bundesrepublik und die Unmik ein Abkommen unterzeichnet, demzufolge die Bundesregierung der UN-Zivilverwaltung jeden Monat zunächst 300, ab 1. Juli dann 500 Namen von Ashkali und Kosovoägyptern vorlegen kann, die nach einer vorherigen Prüfung der Verwaltung ins Kosovo abgeschoben werden. Grundlage für dieses Vorgehen ist eine Stellungnahme des UN-Flüchtlingswerks vom März, in der festgehalten wird, dass diese beiden Gruppen, die als Roma gelten, nicht mehr generell gefährdet seien.

Rudko Kawcynski, der Interimsvorsitzende des Europäischen Roma- und Travellerforums, kritisierte die Spitzfindigkeit der Bundesregierung, die zwischen den unterschiedlichen Gruppen der Roma unterscheidet. Auch Imer Kajtazi vom Verband der Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien in der Diaspora wies darauf hin, dass Belgien Roma, Ashkali und Kosovoägypter gleich behandelt und aufgrund der Sicherheitslage von Abschiebungen ausnimmt. Lüthke verteidigte die Zustimmung der Unmik zu dem fragwürdigen Abkommen, indem er behauptete, die Zivilverwaltung versuche, die »Abschiebewut« der Regierungen in den Aufnahmeländern zu dämpfen. Erst nach dem Rückzug der Unmik werde ungehemmt abgeschoben, wie man auch in Bosnien gesehen habe.

Gleichzeitig mit dem Treffen in Brüssel erschienen im Kosovo in der Tageszeitung Koha Ditore Berichte, in denen zu lesen war, dass sich die Kosovo-Übergangsregierung für die abgeschobenen Flüchtlinge für nicht zuständig erklärt. Schließlich habe die Unmik das Abkommen mit Deutschland eigenmächtig und ohne Rücksprache mit den lokalen Instanzen abgeschlossen.