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raucherecke

Die bulgarische Schwarzmeerküste ist vermutlich die größte Baustelle Osteuropas. Am zentralen Küstenabschnitt zwischen den Städten Warna und Burgas wird auch während der Badesaison unermüdlich gebaut. Was früher eine grüne Hügellandschaft war, ist heute begehrtes Bauland.

In Ravda, einem Ort in der Nähe des Touristenzentrums »Sonnenstrand«, ticken die Uhren noch ein bisschen anders. Während der »Sonnenstrand« auch im Sozialismus das Reiseziel ausländischer Touristen war, fuhren die Bulgaren in Orte wie Ravda. Hier befanden sich die Bungalowanlagen der staatlichen Firmen, die Erholung für die arbeitenden Massen versprachen. Die Unternehmen, die heute noch in Betrieb sind, leisten sich noch immer ihre proletarischen Ferienanlagen. Zwar sind die Schilder mit Aufschriften wie »Bulgartabak Blagoevgrad« oder »Chemisches Institut Sofia« mittlerweile kaum noch zu entziffern, doch hinter verrosteten Zäunen trocknen Klamotten an kreuz und quer gespannten Wäscheleinen, sitzen Familien vor ihrer Einzimmerbaracke und laufen Kinder fröhlich kreischend im verwilderten Areal herum.

Die spezielle »Bungalowanlage für Studenten«, in der eine meiner Freundinnen mehrmals ihren Urlaub verbracht hat, lässt sich auch nach langer Suche nicht ausfindig machen. Schließlich löst eine Frau das Rätsel. Die stand früher hier, sagt sie, und deutet auf ein mehrgeschossiges, sandfarbenes Hotel mit dem Namen »Nessebar Bay«. Trotz Schranken und aufmerksamer Wachmänner gelingt es uns, den Komplex zu betreten. Die Hälfte des All-Inclusive-Hotels ist schon fertig gestellt, am Mittelteil der Nobelresidenz sind noch Arbeiter am Werk. In der Parkanlage arbeiten munter die Rasensprenger, an Ständen bieten Porträtmaler ihre Dienste an. Ein paar Touristen liegen gelangweilt in Plastikliegestühlen am Pool. Bis zum Abendessen sind es noch ein paar Stunden.

Der Animateur Vladi erzählt, dass er als Student hier in den Bungalows Urlaub gemacht habe. Das Hotel sei im vergangenen Jahr in sechs Monaten gebaut worden, nächstes Jahr sollen alle Teile fertig sein. Vor allem deutsche und englische Touristen kämen hierher. Dann entschuldigt er sich, denn er muss zur Arbeit am Pool. Es ist Zeit für ein Quiz. Doch niemand antwortet auf Vladis Fragen. Cluburlaub macht anscheinend müde, da hilft nicht mal ein Animateur.

jutta sommerbauer