Friede sei mit euch

Springer kauft ProSiebenSat.1

Mit dem Kauf der ProSiebenSat.1-Senderfamilie steht Friede Springer, Witwe des 1985 verstorbenen Axel Springer, vor der Vollendung ihres Lebenswerkes: Bis vor zwei Jahren noch hat sie unter größtem finanziellen Aufwand und erst nach Anrufung deutscher Gerichte den vollkommen zersplitterten Konzern ihres verstorbenen Mannes zusammengekauft und -geklagt, bis sie endlich die alleinige Herrscherin über das Zeitungsimperium war. Die Diversifizierung des Geschäftes und die Hinwendung zu den elektronischen Medien erscheint da nur als eine logische Konsequenz: Mit der ProSiebenSat.1-Mediengruppe erhalten Friede Springer und ihr Vollstrecker, Vorstandsvorsitzender Matthias Döpfner, die Kontrolle über eine hochprofitable Sendergruppe.

Dank des nunmehr möglichen massiven Cross-Marketings über die Printerzeugnisse der Springer-Gruppe werden die Fernsehsender vermutlich noch profitabler.

Haim Saban, der mit seinem Konsortium nach der Pleite der Kirch-Gruppe vor zwei Jahren die Fernsehruine ProSiebenSat.1 für etwa 850 Millionen Euro erstanden hatte, macht wiederum ein Riesengeschäft: Rund 2,5 Milliarden Euro hat sich Friede Springer die Kontrolle über die Sendergruppe kosten lassen. So weit, so gut.

Ein Geschäft, bei dem es offensichtlich nur Gewinner gibt, ist der Deal aber dennoch nicht. Denn schon geht in Deutschland die Angst vor einem konservativ geprägten Meinungsmonopolisten um, ein Szenario, das besonders die abtretende rot-grüne Bundesregierung mit Grauen erfüllt. Ludwig Stiegler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, kritisierte schon das drohende rechtslastige Meinungsdiktat, während Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber den Kauf selbstredend begrüßt.

Medienexperten wiederum warnen vor einer Berlusconisierung der deutschen Medienlandschaft. Auch das Kartellamt will den Kauf genau prüfen, denn befürchtet wird, dass durch intelligentes Cross-Marketing die ProSiebenSat.1-Senderfamilie von derzeit 20 auf künftig 30 Prozent Marktanteil kommen könnte. Das aber würde kartellrechtlich bedenklich sein.

Doch die Angst vor brachialem Konservatismus in den Sendungen von Pro Sieben, Sat.1 oder im Nachrichtensimulationssender N24 ist unbegründet. Denn den Konservatismus gibt es in den politschen Sendungen schon längst. Auf anderen – den meisten – Programmplätzen geht es ohnehin so sinn- wie politikfrei zu, dass parteipolitische Einflussnahmen eher unwahrscheinlich sind. Pro Sieben oder Sat.1 eine politische Mission – außer der der Gewinnmaximierung – zu unterstellen, wäre also töricht.

Der nächste Coup der neuen Medienmacht wird wohl deren Einstieg ins TV-Geschäft jener osteuropäischen Länder sein, in denen Springer bereits Zeitungen und Magazine herausgibt. Osteuropa ist der zu erschließende Markt, den der Konzern erobern könnte, und zwar durch den Kauf einiger privater Sendeanstalten.

Die Diskussion über das drohende konservative Meinungsdiktat muss zwangsläufig ins Leere laufen, solange die kartellrechtlichen Bestimmungen so lasch sind, dass sich geschickte Unternehmer jederzeit herauswinden können. Und spätestens am 18. September könnte auch die Übernahme der TV-Sender durch Friede Springer irgendwie ins neue Deutschland passen.

martin schwarz