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Alt werden, Kind bleiben

Constant. Der Krieg war vorbei, die Zeit reif für neue Gesellschaftsentwürfe. So sahen es die Künstler, die 1948 die niederländische Gruppe Cobra ins Leben riefen. Experimentell sollte ihre Kunst sein, aber nicht abstrakt. Es ging ihnen um das neue bessere Leben, das von Krieg, Arbeit und Disziplin befreit war. Der Name Cobra stand für die Städte, aus denen die Künstler kamen – Kopenhagen, Brüssel, Amsterdam.

Constant Nieuwenhuys war eines der aus Amsterdam stammenden Gründungsmitglieder. Anfangs als Nichtskönner und Schmierer beschimpft, gehören seine Arbeiten längst zum Kanon der klassichen Moderne. Das Bild »La Guerre«, das in der Neuen Nationalgalerie in Berlin hängt, ist ein gutes Beispiel für die antimilitaristische Haltung des Künstlers, der sich immer nur bei seinem Vornamen nennen ließ. Constant schwebte eine Gesellschaft vor, in der Menschen immerzu Kind bleiben können. Zu diesem Zweck entwarf er utopische Städte, in denen frei und glücklich gelebt werden sollte. Im Alter von 85 Jahren ist Constant in Utrecht gestorben. (her)

Punk ist tot

CBGB’s. Dem CBGB’s in New York soll es nun endgültig an den Kragen gehen. Der Club, in dem es los ging mit Punk, in dem die Ramones, Television und die Talking Heads spielten, bevor sie als Protagonisten einer weltweiten neuen Jugendkultur galten, steht vor dem Aus.

In dem Club wird immer noch kräftig gerockt, junge Bands können hier so tun, als würden sie den frischen Geist von damals atmen, obwohl das CBGB’s heute eigentlich auch nicht viel mehr ist als eine halbcoole Kaschemme, in der das Bier zu teuer ist. Doch: Der Mythos zählt.

Das CBGB’s kann schlichtweg die Miete nicht mehr aufbringen. Um 300 000 Dollar ist es bereits im Rückstand und Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Ende August läuft der bestehende Mietvertrag aus, dann soll die monatliche Miete von 19 000 Dollar verdoppelt werden. Derzeit wird noch versucht, diese Mieterhöhung, die einem endgültigen Todesstoß gleich kommen würde, gerichtlich zu verhindern.

Doch schon haben japanische Investoren angeboten, den Club abzutragen, um ihn originalgetreu in Tokio wieder aufzubauen. Als Denkmal oder so. Noch besser ist da natürlich das Angebot, das CBGB’s in Las Vegas erneut zu eröffnen. Das wäre doch was: Nach dem Zocken noch kurz im CBGB’s vorbeischauen. Damit würde man auch perfekt deutlich machen, dass Punk endgültig und unwiderruflich am Ende ist.

Vorerst wird jedoch noch in New York weiter gekämpft. Jeden Tag im August wird es ein Benefizkonzert für das CBGB’s geben. (aha)

Nazis sind blöde

Antifaschismus. Gegen Nazis sollte man was tun, klar. »Gegen Nazis«-Aufkleber an den Schreibtisch pappen, auf Demos mitstiefeln, solche Sachen halt. Eine Wirkung haben diese Aktionen meist nicht, aber immerhin macht man klar, wo man steht, und Nichtstun bringt’s ja auch irgendwie nicht.

Promis haben es da jedoch leichter. Sie müssen keine Spuckis verteilen und sich auch nicht auf Demonstrationen von der Polizei entwürdigend behandeln lassen, sondern bekommen die ganz große Bühne gratis zur Verfügung gestellt, um ihre Gesinnung klar zu machen. Die Medien berichten dann darüber, und alle sagen: »Ohh!« und »Ahh!« Und die Promis gelten danach auch nicht als weltfremde Zecken, sondern als so richtig ehrenwerte Menschen, die daraufhin noch viel beliebter sind, als sie es sowieso schon waren.

In der demnächst erscheinenden »Laut gegen Nazis«-Hörbuch-Edition dürfen nun ein paar dieser Promis ihrer Betroffenheit über Neonazis und darüber, dass die ja alle ganz schlimm sind, Ausdruck verleihen. Auf sechs CDs lesen wichtige Staatsbürger wie Eva Herman, Johannes B. Kerner, Peter Lohmeyer oder Smudo Werke deutscher Literaten, die sich als Antifaschisten verdient gemacht haben. Wobei: Auch »Pünktchen und Anton« wird vorgetragen; aber Erich Kästner war ja nicht unbedingt ein lupenreiner Antifaschist. Doch mit den anderen Kandidaten wie Arnold Zweig oder Else Lasker-Schüler kann man ja kaum etwas falsch machen.

Unsere Lieblingspromis tragen also mit bedeutungsschwangeren Stimmen Texte vor, woraufhin unsere Jugendlichen sagen sollen: Danke, Johannes B. Kerner, auch wir finden Nazis doof, raus mit den Nazis, damit wir Deutschland wieder echt dufte finden können.

Denn darum geht’s am Ende ja, darum, dass man sich endlich wieder wohl in diesem Land fühlen möchte. So erläutert Peter Lohmeyer – einer der schlimmsten Promis dieses Landes überhaupt, und das ist eine echte Leistung – das Konzept von »Laut gegen Nazis« mit folgenden Worten: »Will, dass mein Nachbar, meine Straße, mein Viertel, meine Stadt, mein Land, ein jeder jedem gleich in Recht und Freiheit – dann werd ich wieder stolz ein Deutscher zu sein. Noch schäm ich mich dafür – sitzt doch der braune Mob im Landtag schon und klatscht ganz unbedrängt zur Hetze. Geht gar nicht!« Abgesehen von der Frage, warum Lohmeyer so komisch daher stammelt: Muss man jetzt schon für die NPD sein, wenn man nicht will, dass Leute wie Peter Lohmeyer endlich stolz auf Deutschland sein dürfen? (aha)

Auf die Barrikaden

Dummy. Die neueste Ausgabe der Berliner Zeitschrift widmet sich dem Thema »Revolution«. Davon träumen wir hier in der Jungle World ja auch andauernd. Am besten an der neuen Dummy-Ausgabe sind die »100 Gründe, um auf die Barrikaden zu gehen«. Die meisten dieser Gründe kann man wirklich problemlos unterschreiben. Etwa: »Für die Abschaffung der GEZ« oder »gegen Bauarbeiter, die morgens um sieben möglichst viel Krach machen, damit jeder weiß, dass sie jetzt da sind«. Auch »damit Joachim Fest endlich schweigt« ist natürlich unbedingt ein unterstützenswerter Grund für die Revolution. (aha)