Frisch wie alte Hausschuhe

Das Online-Magazin »Linkszeitung«

Viele Journalisten kämpfen tagtäglich mit der Sprache. Und nicht wenige verlieren den Kampf nur allzu oft. Einer dieser Journalisten ist Dieter Braeg. Für die seit einigen Tagen im Netz zu findende Linkszeitung, ein der Linkspartei arg zugetanes Onlinemagazin, arbeitet er im »Büro Salzburg«. Er hat sich in den Jahren zuvor offenbar einen Namen als Beiträger zu Stadtzeitschriften gemacht, heute ist er ein fleißiger Zuträger für die neue Linkszeitung. Mit den folgenden Worten beginnt sein Artikel über Euthanasie in den dreißiger Jahren: »Mein Freund Peter ist Epileptiker. Er hat Glück gehabt und ich auch: Wäre Peter vor 1945 geboren worden, hätte ich heute einen Freund weniger. Epileptiker waren im Dritten Reich geistig Behinderte und wurden wie diese zu Abertausenden ermordet.« Etwas so hässlich Naives steht nicht allein in diesem Medium, es gehört leider zur Regel.

Die Online-Redaktion, die dem Impressum zufolge immerhin aus sieben Mitarbeitern besteht, bietet eine komische Mischung aus Agenturmeldungen, zusammengestückelten Berichten ohne Autorenangabe und ratzfatz geschriebenen Kurzartikeln. Insbesondere der Linkspartei wird dabei breiter Raum eingeräumt. Nach Angaben von Chefredakteur Werner Jourdan, einem »gelernten Zeitungs- und Hörfunkjournalisten«, habe man das Blatt nach einer nur dreiwöchigen Vorbereitungszeit online stellen können. Daran allerdings ist nichts Sensationelles, ein vergleichbar dünn bestücktes Medium, etwa ein Weblog, hätte man in 24 Stunden hochladen können.

Die Begründung für die eigene Existenz ist ebenfalls dünn. Nicht aus politischen oder wirtschaftlichen Erwägungen habe man sich gegründet, sondern einfach nur im Schatten der Linkspartei. »Da darf eine Links-Zeitung nicht fehlen«, heißt es so lapidar wie entlarvend in der eigenen Presseerklärung, die offensichtlich auf wenig fruchtbaren Boden fiel. Reaktionen auf die Erklärung jedenfalls lassen sich kaum finden. Von der neu lackierten PDS erhofft sich die Redaktion offensichtlich Großes, sie sei nämlich Ausdruck der »neuen Linken«, so die Presserklärung.

Kritik ist die Sache der Linkszeitung nicht. »Nur die etwas andere Perspektive, die Sicht von unten und die Parteinahme für die vermeintlich kleinen Leute, unterscheidet uns von anderen Nachrichtenmedien«, behauptet Jourdan, vergisst dabei jedoch, dass diese »Zeitung« in einer Papierausgabe wahrscheinlich chancenlos wäre, da sie nichts beinhaltet, sie erinnert in ihrer Beliebig- und Piefigkeit an getragene Hausschuhe, die auf einem schäbigen Flohmarkt verkauft werden.

Man könnte diese Online-Zeitung also getrost vergessen, wäre sie nicht trauriges Symptom für die grassierende Internet-Blödigkeit. Die diversen Blogs markieren eine Wegmarke, diese Publikation ist ein Fortschritt ins Elend. Sie bietet Texte ohne Rückhalt, keine durch Absatzmöglichkeiten oder erwartbare Leserreaktionen eingeschränkte Redaktion findet statt, erlaubt ist, was man so alles meinen tut. Es wäre nicht schlimm, würden Leserinnen und Leser diese billig zu streuenden Gedankenabfälle nicht immer wieder für brauchbare Informationen nehmen.

jörg sundermeier

http://linkszeitung.de