»Ich muss kalt essen«

small talk

Hartz IV beginnt zu wirken, aber die ersten Betroffenen wehren sich auch. Ein Gespräch mit dem 37jährigen Tuncay Akbas aus Offenbach.

Sie haben in der vorigen Woche zu einem Tag der offenen Tür in Ihrer Wohnung eingeladen. Warum?

Ich warte seit einiger Zeit auf das Geld für die Erstausstattung meiner Wohnung. Seit dem 1. Juli muss ich kalt essen, weil ich keine Kücheneinrichtung habe. Auch die Miete wird mir nicht vollständig überwiesen, sondern nur zu einem Teil. Ich bekomme derzeit nur die regulären 345 Euro für den Lebensunterhalt und bezahle davon den Differenzbetrag, der mir zur Miete fehlt.

Wo haben Sie den Antrag gestellt?

Bei der Leitungsstelle der »Main Arbeit GmbH« in Offenbach. Die hat den Antrag ignoriert und gesagt, das würde alles wegen des Mietvertrages nicht gehen. Ich habe nur einen mündlichen Vertrag mit meinem Vermieter. Ich habe als Beleg den Überweisungsschein geschickt, aber das hat nichts genutzt. Mein Sachbearbeiter hat gesagt, wenn es mir nicht passe, könne ich gehen.

Wie ist der Tag der offenen Tür verlaufen?

Es kamen leider kaum Leute. Aber ich bin dann zu der Leiterin der »Main Arbeit«. Eine Journalistin von der Offenbacher Post war dabei. Die Leiterin ist erstmal für zehn Minuten verschwunden. Dann kam sie mit meiner Akte an, und wir sind die ganzen Sachen durchgegangen. Sie hat von Anfang an gesagt, dass ihre Mitarbeiter keine Fehler machten. Ich hatte einfach keine Chance. Wer Kunde ist, der lügt, oder so.

Was hat der Protest bewirkt?

Der Antrag auf Erstaustattung wurde noch am selben Tag bearbeitet, aber man hat mir auch einige Sachen weggestrichen, zum Beispiel den Fernseher und den Staubsauger.

Planen Sie immer noch, am Freitag mit einem Schlafsack ins Büro des Sachbearbeiters zu gehen und es sich dort gemütlich zu machen, wie Sie angekündigt haben?

Erst einmal wollte ich noch einen Brief an die Leitung der »Main Arbeit« schreiben.

Wie sind Sie darauf gekommen, zu Hause einen Tag der offenen Tür abzuhalten?

Bei mir ist immer Tag der offenen Tür, weil ich mir keine Gardinen leisten kann, obwohl ich Parterre wohne. Bei mir kann jeder reinsehen.

interview: stefan wirner