PDS doppelplus

Die Frankfurter Rundschau kramt ein altes Strategiepapier der PDS hervor und sieht eine Übernahme der Wahlalternative durch die demokratischen Sozialisten. von nils brock

Vier Jahre ist es her, dass die Sektkellerei Rotkäppchen die Marken Mumm und M&M schluckte. Eine außergewöhnliche Übernahme. Ein ehemaliges Kombinat griff nach traditionsreichen westdeutschen Familienbetrieben. Doch diese Fusion wirkt angesichts der jüngsten Gerüchte über eine politische »feindliche Übernahme« (Frankfurter Rundschau) nur noch wie ein schales Sektfrühstück. Denn die Zeitung stieß in der vorigen Woche auf ein »Drehbuch der Geschichte«, und zwar in einer Schublade der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Das Strategiepapier »PDS plus« von Michael Brie beweise, dass die PDS bereits im Frühjahr 2003 vorhatte, die ostdeutsche Volkspartei mit attraktiven strategischen Partnern in den alten Bundesländern aufzufrischen. Und da kam die Wahlalternative gerade recht. Inzwischen scheint der Plan tatsächlich aufzugehen, denn schon monieren einige Mitglieder der Wasg, wie Matthias Fiege in der Frankfurter Rundschau, als »Steigbügelhalter« für ostdeutsche Expansionspläne missbraucht worden zu sein.

Tom Maier vom Berliner Landesverband der Wahlalternative hingegen kann die ganze Aufregung nicht verstehen. »Das Dokument ›PDS plus‹ war doch seit Jahren öffentlich zugänglich. Zu glauben, dass keines der 11 000 Mitglieder der Wasg dieses Papier je gelesen hat und wir so kollektives Opfer einer Verschwörung geworden sind, ist doch einfach nur irrwitzig.« Nicht die PDS habe die Wahlalternative unter Druck gesetzt, sondern die Neuwahlpläne des Bundeskanzlers. Die Probleme mit der PDS seien eher arbeitsorganisatorischer Art. »Wir sind halt eine Partei im Aufbau.«

Auch der Pressesprecher der PDS, Hendrik Thalheim, beschwichtigt. »Ziel des Bündnisses mit der Wasg war es schon, die ideologischen Rucksäcke, die die PDS in den Westen geschleppt hatte, bei einer Vereinigung beiseite zu stellen. Aber immer im Interesse der Linken.« Er glaubt, eine »hanebüchene Verschwörungstheorie« erkennen zu können. Alle Reibereien bei der Verteilung der Listenplätze seien in erster Linie dem Wahlrecht geschuldet, die Abstimmungen seien demokratisch verlaufen und in keiner Weise einer geheimen Strategie gefolgt. »›PDS plus‹ ist vom PDS-Vorstand nie diskutiert worden. Dass sich das Papier jetzt in Teilen bestätigt hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber man sollte keine oberflächlichen Schlüsse ziehen.«

Wolfram Adolphi, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, sieht in dem Papier eher ein Frust- denn ein Strategiepapier. »Die Überlegungen von Michael Brie waren eine Reaktion auf die gescheiterte Westerweiterung der PDS im Jahr 2002. Zu dieser Zeit war doch nicht daran zu denken, dass irgendwann Oskar Lafontaine anklopft und fragt: Was tun?«

Dass die PDS im Wahlbündnis die Entscheidungshoheit habe, sei für ein Fünftel der Wasg-Mitglieder eben ein Problem, beschreibt Thalheim die überparteiliche Zusammenarbeit. »Es gibt da eben gewisse Unterschiede in der Betrachtungsweise.« Deutlicher drückt es Maier von der Berliner Wasg aus: »Mit dem Ergebnis auf dem Berliner Parteitag beispielsweise können wir nicht zufrieden sein. Die Zusammenarbeit ist schwierig, aber nicht aussichtslos.«

Und während weiter zusammenwächst, was zusammenwachsen will, ist das nächste Drehbuch bereits geschrieben. André Brie hat sich seinerseits Gedanken über die Linkspartei gemacht und schließt für das Jahr 2009 auch eine Kooperation mit der SPD nicht mehr aus, aber nur, »wenn diese zu ihren demokratischen und sozialen Wurzeln zurückfindet«. Vielleicht macht dieser Text einmal als »PDS doppelplus« Schlagzeilen.