Ein Offizier und Gentleman

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Ein guter Offizier wahrt immer die Form. »Mit Ihrer Erlaubnis habe ich die Ehre, Ihnen darzulegen, dass mir nach meinem Appell an meine Waffenbrüder und die Bevölkerung die folgenden Informationen zugetragen wurden«, schreibt Oberstleutnant Jules Yao Yao in einem offenen Brief an Laurent Gbagbo, den Präsidenten der Côte d‘Ivoire. Der hätte aber wohl nicht erlaubt, dass die brisanten Informationen in der ivoirischen Tageszeitung Le Patriote veröffentlicht werden. Denn Yao Yao benennt die Mitglieder von Todesschwadronen, die etwa 200 Morde an Oppositionellen begangen haben sollen, und teilt Gbago mit, dass sie mit einer Ausnahme »alle aus Ihrer Umgebung kommen«. Yao Yao war bis Juni Sprecher der Armee, wurde jedoch entlassen, nachdem er öffentlich erklärt hatte, dass ein Massaker an Zivilisten nicht, wie von der Regierung behauptet, von der Guerillaorganisation Forces Nouvelles begangen worden sei. Seitdem hält er sich versteckt.

Im Rahmen des Friedensprozesses sollen im Oktober Wahlen stattfinden, doch über die Bedingungen wird weiter gestritten. Gbagbo besteht darauf, dass das von ihm kontrollierte Nationale Statistische Institut die Wahlkarten ausgibt. Die Enthüllungen schwächen seine Position, und die bewaffnete Opposition, die die Nordhälfte des Landes kontrolliert, kann nun darauf verweisen, dass sie aus guten Gründen zögert, ihre Waffen abzugeben.

jörn schulz