La Ola im Protektorat

Unter den 22 Kandidaten für die Präsidentschaftswahl in Liberia findet sich eine Reihe ehemaliger Warlords. Als Favorit gilt jedoch der ehemalige Fußballstar Weah. von ruben eberlein

Ich brauche keine politische Erfahrung, um euch Schulen, Elektrizität und Wasser zu bringen oder zu sehen, dass die Straßen in einem schlechten Zustand sind. Ich weiß, woher ihr kommt«, rief George Weah der versammelten Anhängerschaft zur Eröffnung seiner Wahlkampagne in der vergangenen Woche zu. Der Weltfußballer des Jahres 1995 trifft den Ton vieler Jugendlicher, die seine Kandidatur in den für den 11. Oktober geplanten Präsidentschaftswahlen unterstützen. Entsprechend frenetisch wird er zu Reggae-Klängen gefeiert.

Weah ist einer von insgesamt 22 Bewerbern um das höchste Staatsamt. Der ehemalige Chef der Miliz Lurd, Sekou Conneh, wird ebenso zur Wahl stehen wie die Ökonomin und Politikerin Ellen Johnson-Sirleaf, die in hohen Positionen für die Weltbank und die Citibank arbeitete. Doch keinem Kandidaten werden größere Chancen eingeräumt als dem 38jährigen Weah, der für den AC Mailand, Chelsea und Manchester City spielte. Seit Mitte der neunziger Jahre arbeitete er für Unicef unter anderem in Projekten zur Integration von ehemaligen Kindersoldaten in Westafrika.

Die liberianische Diktatur zerfiel im Zuge des 1989 begonnenen Bürgerkriegs in Einflusssphären verschiedener Milizen. Der Warlord Charles Taylor gewann den Krieg und die Wahlen im Jahre 1997, doch die relative Stabilität dauerte nur knapp zwei Jahre. Mit regionaler und internationaler Unterstützung zwangen die Milizen Lurd und Model Taylor ins nigerianische Exil. Seitdem steht das Land unter der Verwaltung einer Übergangsregierung, die sich an die Vorgaben der UN zu halten hat. Etwa 15 000 UN-Soldaten sind derzeit im Land stationiert.

Die Popularität Weahs spiegelt nicht nur die Fußballbegeisterung und die damit verbundenen Träume von Wohlstand und Anerkennung, sondern auch eine Ernüchterung über die bisherige Bilanz der Übergangsregierung. Während ein erheblicher Teil der ehemaligen Kämpfer in den Milizen und Regierungstruppen bisher die zugesagten Integrationszahlungen nicht erhielt, sorgten mehrere Korruptionsskandale für Unmut. Anfang August wurden zum Beispiel der Leiter des Maritime Bureau, ein ehemaliger Repräsentant der Model-Miliz, und zwei seiner Stellvertreter festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, dreieinhalb Millionen US-Dollar veruntreut zu haben, die für die Reform des Schifffahrtsregisters vorgesehen waren.

Ein von der Uno und Finanzorganisationen der EU und den USA vorgelegter Antikorruptionsplan wurde Mitte des Jahres von der Übergangsregierung als inakzeptable Beschneidung ihrer Souveränität zurückgewiesen und liegt seitdem auf Eis. Der Plan sah unter anderem die Platzierung von Repräsentanten der internationalen Organisationen in den Ministerien sowie die Einsetzung von Richtern vor. Der einflussreiche Think Tank International Crisis Group (ICG) forderte bereits Ende des vergangenen Jahres den Aufbau von politisch unabhängigen exekutiven und judikativen Organen. Zudem müssten die Protektoratsbehörden die Verantwortlichkeit für die Überwachung des Außenhandels für 15 bis 25 Jahre übernehmen, um die Korruption zu unterbinden.

Noch immer gelten Staatsämter den meisten Politikern als Pfründe, um das für die Anwerbung einer Klientel notwendige Kapital zu beschaffen. Taylor, der seine Karriere als Chef des staatlichen Beschaffungsamtes begann, wird verdächtigt, aus seinem Exil Einfluss auf den liberianischen Wahlkampf auszuüben. Er wird verantwortlich gemacht für das gescheiterte Attentat auf den guineischen Staatschef Lansana Conté im Januar und soll angeblich mehrere der liberianischen Parteien finanzieren. Ob Weah und sein Team die Avancen der Kriegsherren abwehren können, werden die kommenden Wochen zeigen.