Mieser Sound an der Saar

Auch im Saarland treiben Rechtsextreme ihr Unwesen. Vor kurzem zogen sie nach einem Rechtsrockkonzert prügelnd durch die Saarbrücker Innenstadt. von martina franz

Die angekündigten Bands hießen Brigade M, Calsage, Lemovice, Hauptkampflinie und SKD. Anfang August waren sie für ein Rechtsrockkonzert in Saarbrücken-Fechingen angekündigt. »Wir rocken den Reichstag – NPD in den Bundestag«, lautete das Motto. Die NPD veranstaltete den Abend, die militante Neonaziszene war der Adressat. Der NPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel aus Sachsen war der Schirmherr.

Nach dem Konzert zogen etwa 25 Neonazis in die Saarbrücker Innenstadt, prügelten zunächst auf Punks ein und wandten sich dann, wie ein Zeuge der Jungle World berichtete, »südländisch aussehenden Menschen« zu. Dabei sollen sich die Angegriffenen allerdings auch gewehrt haben. Es sollen Flaschen und Fäuste geflogen sein. Kurz vor dem Eintreffen der Polizei verzogen sich die Neonazis. Die Beamten nahmen erstmal die Personalien der Angegriffenen auf.

Die saarländische CDU bemühte anschließend die Legende von einer angeblichen Auseinandersetzung zwischen Rechts- und Linksextremisten. Die Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, sie betrachte die Entwicklung mit Sorge. Die »Extremisten« gingen verstärkt gewalttätig gegen die jeweils andere Gruppe vor.

Sie schlug außerdem vor, Rechtsrock an den Schulen im Musikunterricht zu behandeln, was ihr heftige Kritik einbrachte. »Offensichtlich können sich Rechtsradikale im Saarland wohl fühlen«, sagte Volker Schneider von der saarländischen Linkspartei. »Aber während Frau Kramp-Karrenbauer sonst so gern die Law-and-Order-Frau gibt, unterstreicht sie im Umgang mit Rechtsextremen einmal mehr ihre Inkompetenz«, sagte er. Wer allen Ernstes vorschlage, rechtsextreme Musik im Musikunterricht zu behandeln, müsse sich fragen lassen, ob er noch ganz bei Trost sei.

Die NPD versucht bereits seit einigen Jahren, sich im Saarland zu etablieren, und zwar nicht völlig ohne Erfolg. Vier Prozent der Stimmen gewann sie bei der Landtagswahl im Jahr 2004. Sie konnte mühelos die Republikaner übertrumpfen. Viele Republikaner liefen in der jüngsten Zeit zur NPD über, wie etwa Aloys Lehmler, der Beisitzer im Landesvorstand der NPD wurde, und Bernd Ehrreich, der stellvertretender Landesvorsitzender wurde. Aus der Skinheadszene zog es Markus Mang zur NPD, auch er stieg zum stellvertretenden Landesvorsitzenden auf.

Neben Rheinland-Pfalz stellt das Saarland für die NPD einen Schwerpunkt unter den alten Bundesländern dar. Immer wieder kam es in den vergangenen zehn Jahren zu überregionalen Zusammenkünften von Rechtsextremisten im Saarland. Es gab so genannte Europakonferenzen in den Jahren 2002 und 2003 und so genannte europäische Sommeruniversitäten 2003 und 2004, die von der NPD organisiert wurden. Dabei diente oftmals das Hotel Budapest in Saarbrücken-Fechingen als Tagungsort. Auf der Internetseite der saarländischen NPD wird unter »Marketing Saar« auf das Hotel verwiesen.

Dass intensive Verbindungen zwischen der NPD im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Sachsen bestehen, lässt sich gut an der Person von Peter Marx verdeutlichen. Im September 2004 war er Spitzenkandidat der Partei bei der Landtagswahl im Saarland, kurz danach wurde er Fraktionsgeschäftsführer der NPD in Sachsen, und gegenwärtig ist er zudem Spitzenkandidat der NPD für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Jahr 2006 .

Gleichzeitig mit der NPD hat sich die Kameradschaftsszene im Saarland verbreitet, und man pflegt gute Kontakte untereinander. Musste die Szene Mitte der neunziger Jahre noch den Umweg über das vom Evangelischen Jugendwerk und vom Landkreis Saarlouis getragene Projekt der »akzeptierenden Sozialarbeit« nehmen, tritt sie heute offener in Erscheinung. Sie hat ihre Chance, sich durch dieses Projekt gesellschaftlich zu etablieren, genutzt.

Auch wenn sich die Kameradschaft »Saarlautern« – so der nationalsozialistische Name für das französisch geprägte Saarlouis – und der Nationale Widerstand Köllertal im März dieses Jahres aufgelöst haben, um einem Verbot zu entgehen, sind sie weiter aktiv.

Im Industriegebiet Schwalbach, in der Nähe von Saarlouis, kommen nach Informationen aus Antifakreisen Leute aus dem Umfeld dieser Kameradschaften regelmäßig im ehemaligen Clubheim eines Motorradvereins zusammen. Mittwochs trifft man sich zum nationalen Kneipenabend und organisiert Konzerte. Im Raum Völklingen ist die Kameradschaft Tollwütige Wölfe unterwegs. In Völklingen erhielt die NPD bei der jüngsten Kommunalwahl knapp zehn Prozent der Stimmen und sitzt mit fünf Abgeordneten im Stadtrat und mit zweien im Ortsrat.

Eine bedeutende Rolle in der freien Kameradschaftsszene spielt Dominik Kleer. Er betreibt die Internetseite des so genannten Aktionsbüros Saar, die lange Zeit ein zentrales Diskussionsforum der Neonazis war, bis sie pünktlich zum 8. Mai einem politischen Attentat zum Opfer fiel. Seitdem steht sie grafisch wie textlich in deutlich verminderter Qualität im Netz. Außerhalb des Saarlands agiert Kleer als Hauptorganisator von rechten Demonstrationen wie etwa im August 2004 im pfälzischen Heppenheim und im Dezember 2004 in Trier.

Gegen das Bündnis der NPD mit der Kameradschaftsszene tut sich im Saarland nicht viel. Während viele Politiker, nicht nur der CDU, der Meinung sind, dass das Ganze nur ein Problem des politischen Extremismus und rechts gleich links sei, versucht die Antifa Saar dagegen zu halten. Sie rief im vergangenen Jahr ein Vortragsprojekt ins Leben. Unter dem Motto »Rechte Stylecodes und Symbole im Alltag« stellt sie rechte Musik und Kleidermarken vor, mit denen Neonazis ihre Ideen unter die Leute zu bringen versuchen.

Sie hat bereits des öfteren vergeblich darauf hingewiesen, dass es nach Rechtsrockkonzerten oftmals zu gewalttätigen Übergriffen der Neonazis kommt. »Im Anschluss an solche Veranstaltungen ziehen die Teilnehmer los, um gegen im nationalsozialistischen Denken als ›unwertes Leben‹ oder ›Volksschädlinge‹ definierte Menschen mit extremer Gewalt vorzugehen«, hieß es auf einem Vortrag der Antifa Saar Ende Juli. Eine Woche später kam es zu den Übergriffen nach dem Konzert in Saarbrücken.

Informationen unter. www.antifa-saar.de.vu