Nachrichten

Sex und Gewalt

APPD. Nach § 42 des Rundfunkstaatsvertages haben politische Parteien im Wahlkampf Anrecht auf angemessene Sendezeit für ihre Wahlwerbung. Der WDR hat nun jedoch die Ausstrahlung eines APPD-Wahlwerbespots unter Berufung auf die Bestimmungen des Jugendschutzes abgelehnt. In der Begründung heißt es: »Inhaltlich zeigt der Spot eine mit Alkohol und Drogen sowie Sex und Gewalt durchsetzte Orgie unter Beteiligung von Jugendlichen und Kindern. (…) Zum Teil entkleidete Personen nehmen sexuelle Handlungen wechselweise aneinander vor. (…) Andere Beteiligte beschmieren sich mit Doseninhalten (mutmaßlich Tierfutter), wobei Tiere (zumindest eine Ratte und ein Hund) zwischen den Personen herumlaufen. Wiederum andere Beteiligte reißen sich gegenseitig in tierischer Manier Rohfleisch mit den Zähnen aus den Mündern.« Die APPD legte daraufhin dem WDR eine entschärfte Version vor, die am Freitag letzter Woche gesendet wurde, vor »Verbotene Liebe«. Die unzensierte Fassung gibt es unter www.appd.de/wahlspot.php. (jh)

Wohin mit Sweetie?

Klingeltonwerbung. Vielleicht werden wir sie sogar vermissen, den Crazy Frog, Sweetie und die anderen Viecher, die in der Werbung für Klingeltöne eingesetzt werden. Schließlich haben wir uns an sie gewöhnt, denn rund um die Uhr tapsen sie durch die Werbeschlaufen der Musiksender, und das möglichst alle fünf Minuten. Und nun sollen sie verschwinden. Bei MTV schon ab Oktober, bei Viva im März. Man hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil der Klingelton-Zoo inzwischen die Werbung bei den Musiksendern komplett beherrscht und somit andere Kunden gar nicht mehr wissen, wie und wo sie ihre Produkte zwischen dem furzenden und rülpsenden Getier unterbringen sollen. Also wollen Viva und MTV den Klingeltontrash loswerden, um wieder lukrativere Werbekunden an Land ziehen zu können. Schön und gut, aber was passiert dann mit dem Klingeltonteufelchen »Mr. Chaos« und seinen Kumpels? Wer kümmert sich um sie, kann man sie adoptieren? (aha)

Die Besten

Pet Shop Boys. Dass die Pet Shop Boys das coolste und großartigste Duo der Popgeschichte sind, dürfte klar sein. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Neon haben sie mal wieder eines ihrer kurzweiligen Interviews gegeben, in dem sie über alles herziehen, worüber sich nur herziehen lässt. Am besten ist die Beschreibung Christina Aguileras vom Sänger der Pet Shop Boys, Neil Tennant. Sie sehe aus, so sagt er, »wie eine Komparsin, die in einem Mad-Max-Film sofort erschossen wird«. Treffender geht’s nicht.

Außerdem kriegen die Globalisierungsgegner ihr Fett weg, die als »Todesröcheln der Hippies« bezeichnet werden und als Front von Hippies und Punks gemeinsam im »Schlammloch ihrer Lethargie« vor sich hinvegetierten.

Zudem sagt Tennant, dass er für den Krieg im Irak war. Uns ist eigentlich kein anderer Popstar bekannt, der nicht völlig dämlich ist und sich für den Irak-Krieg ausgesprochen hätte. Tennant bricht ein echtes Tabu in der Popmusik, der Mann scheint das zu brauchen. (aha)

Der Mann aus der Zukunft

Bob Moog. Ohne Robert Moog sähen die Popmusik, große Teile des Jazz und unser Leben überhaupt ganz anders aus. Moog hat mit seinen Synthesizern - den ersten hat er 1963 erfunden - das, neben der elektrischen Gitarre, Instrument der Popmusik schlechthin erfunden. Bis heute ist vor allem der Mini-Moog im Dauereinsatz, und ein Ende ist nicht abzusehen.

Geboren wurde Bob Moog 1934 in New York. Er studierte Physik, um sich dann jedoch der Entwicklung seiner seltsamen Klangerzeuger zu widmen. Anfangs wusste niemand so recht, wie man diese Geräte von Moog verwenden sollte, bis ihr Potenzial langsam erkannt wurde und die Beatles und eigentlich jede Popband, die sich auf Experimente einlassen wollte, den Moog bei Plattenaufnahmen einsetzten. Der Sound des Moog klang verrückt, drogig, wie nicht von dieser Welt, er war perfekt für die Sechziger, für das Space Age.

Ungeheure Popularität erlangte der Moog-Synthesizer, als Wendy Carlos, der damals noch ein Mann war und Walter hieß, mit »Switched On Bach« eine Platte mit Bach-Interpretationen komplett auf dem futuristisch klingenden Tasteninstrument einspielte. Die Platte wurde ein Millionenerfolg, und alle, von Pink Floyd bis Genesis, brauchten ab sofort einen Moog.

Auch im Fusion-Jazz fand er Verwendung, nachdem Sun Ra, der Mann von einem anderen Planeten, schon in den Sechzigern damit begonnen hatte, mit dem Moog Klangforschungen im Jazz zu betreiben. Herbie Hancock und andere stellten das Piano erst mal beiseite und wollten nun mit ihren Moogs auch so abgefahren klingen wie die Kollegen vom Pop. Kommerziell machte sich der Einsatz von Moogs Jahrhunderterfindung ebenfalls bezahlt.

Im Punk war der Moog verboten. Er war das Lieblingsinstrument von Emerson, Lake & Palmer.

Ein gigantisches Revival erlebte der Moog dann im Techno und der elektronischen Musik von heute. Bei Popbands wie Stereolab oder Pram wird er geradezu fetischisiert, ganze Platten wurden ausdrücklich dem Instrument gewidmet, und sogar die Beastie Boys ehrten es in einer Ausgabe ihres zeitweilig betriebenen Fanzines Grand Royal.

Bob Moog litt schon länger an einem Gehirntumor. An dessen Folgen ist er letzte Woche in Asheville (North Carolina) im Alter von 71 Jahren verstorben. (aha)

Der Gestalter

Peter Glotz. Er versuchte, so sagte er einmal, »die Welt ein bisschen sozialer, vernünftiger und rationaler zu gestalten«. Ob dies dem »Vordenker der SPD« gelungen ist, müssen Sie selbst entscheiden. Letzte Woche ist er im Alter von 66 Jahren verstorben. (aha)