Rheinische Rohnaturen

Den Dom wollen sie in Köln lassen, die Migranten nicht: die rechtsextreme Initiative »pro Köln«. von jörg kronauer

Der Antrag lässt keine Fragen offen. Die Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Merkenich sei »unverzüglich zu schließen«, verlangt Manfred Rouhs. Er gilt als strategischer Planer der rechtsextremen »Bürgerbewegung pro Köln« und bekleidet gegenwärtig den Posten des Geschäftsführers in ihrer vierköpfigen Stadtratsfraktion. Am 3. November soll das Kölner Stadtparlament seinem Antrag auf Schließung der Unterkunft zustimmen. Für die Flüchtlinge, die das Gebäude in Merkenich derzeit bewohnen, hat er feste Pläne: Sie müssten, schreibt er, »soweit rechtlich möglich, abgeschoben werden«.

»Erfrischend anders!« Ganz undogmatisch und offen geben sich die Fans der Abschiebung von der »Bürgerbewegung pro Köln«. Die Ursprünge des Vereins finden sich im autoritär-rassistischen Milieu. Als die Organisation im Juni 1996 ins Leben gerufen wurde, konnten mindestens drei Gründungsmitglieder auf eine mehrjährige Karriere in der extremen Rechten zurückblicken. Manfred Rouhs und der heutige Vereinsvorsitzende Markus Beisicht kamen von den Republikanern und wechselten später zur Deutschen Liga für Volk und Heimat. Dort lernten sie das gegenwärtige Stadtratsmitglied von »pro Köln« Bernd Michael Schöppe kennen.

Neue Akzente in der Politik der Partei setzte die 21jährige Judith Wolter, die 1999 zu »pro Köln« hinzustieß. Ihr wurden in den darauf folgenden Jahren mehrfach Verbindungen zur NPD nachgewiesen. »Fundamentalopposition« kündigte die damalige Vereins- und heutige Fraktionsvorsitzende im Januar 2003 in einem Interview an, das sie dem Parteiblatt der NPD, der Deutschen Stimme, gab: »Gegen die politische Klasse, Multikulturalismus, Globalisierung, Überfremdung, Korruption, Amerikanisierung und Werteverfall.« Wolter warb mit dem Interview für die Teilnahme von Anhängern der NPD an einer »pro Köln«-Kampagne gegen den Bau einer Moschee.

Derartige Kampagnen sind in den vergangenen vier Jahren das Markenzeichen von »pro Köln« geworden, diejenige gegen die Flüchtlingsunterkunft in Merkenich ist nur die jüngste davon. »Pro Köln« begann damit, nachdem der Kandidat der Organisation bei den Wahlen zum Oberbürgermeister im September 2000 – auf Plakaten großspurig als »Kölscher Haider« angepriesen – nur auf 0,3 Prozent der abgegebenen Stimmen gekommen war. Ein Strategiewechsel musste her, und seitdem agitieren Rouhs, Wolter und Konsorten stets nach dem gleichen Modell.

»Das Schema ist einfach«, meint Florian Meier von der Initiative »Köln-Mülheim gegen rechts«: »›Pro Köln‹ wählt einen Stadtteil aus, in dem rassistische Ressentiments gegen eine Flüchtlingsunterkunft oder gegen eine Moschee laut werden, und versucht, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen.« Die Methoden seien dabei unterschiedlich, erläutert er: »Sie reichen von Flugblättern über Unterschriftensammlungen bis hin zur Demonstration.«

Immer aber richtet sich die Kampagne an den spießigen Kleinbürger, der mit den autoritären Ideen angesprochen werden soll. »Bürgerbewegung« nennt sich die bieder auftretende Organisation, und der Name ist Programm.

Die jahrelange Basisarbeit trägt inzwischen Früchte. 4,7 Prozent erzielte »pro Köln« bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr. Seitdem ist die Organisation in Fraktionsstärke im Rat der Stadt vertreten. »Die Ratssitzung kann da schon zur Qual werden«, sagt Jörg Detjen, ein Ratsmitglied der Linkspartei. Wolter, die Fraktionsvorsitzende von »pro Köln«, etwa mokierte sich, der 8. Mai sei »sicherlich kein Datum zum Feiern«: Schließlich »ist de facto ein Drittel des damaligen Reichsgebietes verloren gegangen«. Erleichterung verschaffe da nur eines, meint Detjen: »Anträge von ihnen werden generell abgelehnt.«

Die Kandidaten von »pro Köln« sitzen seit den letzten Kommunalwahlen nicht nur im Stadtrat, sondern auch in allen neun Bezirksvertretungen Kölns. Besonders hohe Stimmenzahlen konnte die Organisation dabei in denjenigen Stadtteilen verbuchen, in denen sie zuvor eine Kampagne veranstaltet hatte. In Chorweiler etwa, wo sie gegen den Bau einer Moschee agitiert hatte, erreichte sie 8,2 Prozent; in Weidenpesch und Poll, wo man gegen Flüchtlingsunterkünfte auf die Straße gegangen war, betrugen die Wahlergebnisse 7,2 bzw. 12,4 Prozent. Auch in Merkenich, wo »pro Köln« zurzeit gegen Flüchtlinge hetzt, überschritt der Stimmenanteil die 12-Prozent-Marke.

In Merkenich lässt sich die Kampagnenführung von »pro Köln« im Detail beobachten. Dort werden offizielle Bürgerversammlungen, die sich mit der Flüchtlingsunterkunft beschäftigen, zur Agitationsplattform umfunktioniert und eigene Versammlungen einberufen, Unterschriften für die Schließung des Gebäudes gesammelt und die Parlamentsarbeit wird in den Dienst der rassistischen Propaganda gestellt. Sowohl dem Stadtrat als auch der zuständigen Bezirksvertretung liegen Anträge auf Schließung der Unterkunft vor. So agitiert und festigt »pro Köln« die Basis.

Den Höhepunkt der Kampfes gegen die Flüchtlingsunterkunft in Merkenich hat die Vereinigung auf den 3. November terminiert. An diesem Tag wird sich der Rat der Stadt mit dem Antrag Rouhs’ auf Schließung des Hauses befassen müssen. »Pro Köln« wirbt dafür, dass die Merkenicher vor der nächsten Ratssitzung »ihre Meinung kundtun«. »Proteste vor den Ratssitzungen« wünsche sich sich die Organisation, um ihrer parlamentarischen Tätigkeit außerparlamentarischen Druck zu verleihen. »Auch die Eintrittskarten zur nächsten Ratssitzung sind bereits jetzt restlos vergriffen«, heißt es auf der Website des Vereins.

Tatenlos hingenommen wird der rechte Aktivismus aber nicht. Gegen die Anwesenheit von »pro Köln«-Anhängern auf der Ratssitzung am 3. November sind Proteste angekündigt. Und immerhin darf man das Übel noch beim Namen nennen: Es ist auch weiterhin erlaubt, »pro Köln« als rechtsextrem zu bezeichnen. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat vor wenigen Tagen gegen eine Klage der Organisation entschieden. Die Einstufung der Bewegung als rechtsextrem durch den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz ist demnach rechtmäßig.