Zurück in die Ursuppe

Peter Porsch von der Linkspartei spricht gern über »Heimat« und »Vaterland«. Erst nach Protesten sagte er einen Vortrag bei einer rechten Burschenschaft in Dresden ab. von tina sommer und peter conrady

Linke und »Heimat« – ein Widerspruch? Für den Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Sächsischen Landtag, Peter Porsch, keineswegs: »Drückt sich (in der Rede von der Heimat) nicht auch eine im einfachen Volk tief verwurzelte, wenn auch naive Sehnsucht nach Auflösung von Konflikten, nach der ›heilen Welt‹ aus? (…) Hat nicht Karl Marx (…) genau dazu aufgerufen, sich auf den Weg zu machen in die antagonismusfreie klassenlose Gesellschaft, ein Weg, der vom Heute in die Zukunft führt, (…) aber auch zurück zu den ebenfalls antagonismusfrei vorgestellten Urformen menschlichen Zusammenlebens in der Urgesellschaft?«

Das wollte Porsch am Donnerstag voriger Woche der Aachen-Dresdner Burschenschaft Cheruscia in der sächsischen Landeshauptstadt unter der Überschrift »Linke, Heimat, Vaterland« vortragen. Doch einen Tag zuvor machten Dresdner AntifaschistInnen sein Vorhaben publik. Plötzlich herrschte Hektik in den Gängen der Landtagsfraktion. Ein Linker bei den Rechten? »Die Burschenschaft Cheruscia Dresden ist unzweifelhaft sowohl inhaltlich als auch personell als rechts einzustufen«, sagte die Sprecherin der Antifa, Klara Stein.

Gut, dass die Cheruscia noch einen weiteren Referenten eingeladen hatte. Am 10. November soll der Autor Hans Meiser zu den Nürnberger Prozessen sprechen. Sein Buch »Das Tribunal – Der größte Justizskandal der Weltgeschichte« erschien im Grabert-Verlag, der dem Informationsdienst gegen Rechts zufolge der »Standard-Verlag der Holocaustleugner und derer, die die Geschichte der NS-Zeit umschreiben möchten« ist. Entsprechend hetzt Meiser in seinem Machwerk von »grausamer Rachejustiz« und »Verstößen gegen Rechtsgrundsätze«.

Ein guter Anlass für Porsch, seiner Empörung freien Lauf zu lassen: Er sei nicht bereit, sich »an ein Pult zu stellen, von dem aus nach mir die Kriegsverbrecher-Prozesse in Frage gestellt werden«. Er forderte die Cheruscia auf, den Vortrag Meisers abzusagen, um seinen zu ermöglichen. Das taten die Burschenschaftler nicht. Insofern sei Porschs »Absage« keine, sondern »ein Wegschieben des Schwarzen Peters an andere«, sagt Volkmar Wölk von der Landesarbeitsgemeinschaft Antifaschistische Politik der Linkspartei. »Für mich als Linken verbietet sich jeder Auftritt vor einer Burschenschaft, egal vor welcher. Das ergibt sich schon aus dem völkischen Denken als Grundlage der Deutschen Burschenschaften.«

Peter Porsch begründete dagegen den geplanten Auftritt mit seinem »Selbstverständnis, keiner kontroversen, offenen Diskussion aus dem Wege zu gehen«. Natürlich würde er »außerhalb des Parlaments nicht mit der NPD« diskutieren, hieß es in seiner Pressemitteilung, »aber ich bin bereit, die kontroverse Debatte dort zu suchen, wo bei allem Widerspruch ein Minimum an Offenheit besteht«.

Offen zeigten sich die Cheruscianer in der Vergangenheit beispielsweise gegenüber dem ehemaligen Bundeswehrgeneral Franz Uhle-Wettler, welcher dem Informationsdienst gegen Rechts zufolge den Überfall der Nationalsozialisten auf die Sowjetunion 1941 als »Präventivschlag« versteht und in der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit über die »absurde« Strafverfolgung des SS-Hauptsturmführers Erich Priebke schrieb. Auch der sächsische CDU-Abgeordnete Henry Nitzsche fand ein offenes Ohr bei den Burschen, als er dort im Oktober 2003 nach Angaben der taz von Türken als »Parasiten« sprach.

Entsprechend gehören auch Neonazis aus dem Spektrum der »Freien Kräfte« zu den Stammgästen der Burschenschaft. Alexander Kleber, einer der »alten Herren« der Cheruscia, organisiert seit Jahren für die Junge Landsmannschaft Ostpreußen einen »Trauermarsch« zum 13. Februar in Dresden, ein anderer, Holger Szymanski, ist Pressesprecher der NPD-Landtagsfraktion.