»Quasi ein antisemitisches Gen«

small talk

Wie gefährlich sind eigentlich die Antideutschen? Ein Gespräch mit Claus Guggenberg vom Berliner Verfassungsschutz.

Wie bewertet der Verfassungsschutz derzeit die Strömung der Antideutschen?

Da sind Sie ein wenig zu früh dran, denn im Vergleich zum Jahresbericht 2004 haben wir noch keine aktuellen Zahlen, um das Jahr abzuschließen. Wir beginnen gerade erst mit dem Jahresbericht für 2005. Abschließende Aussagen über Trends will ich noch nicht abgeben.

Können Sie sagen, wie Sie diese Szene allgemein einschätzen? In welchem Zusammenhang haben Sie mit dieser Strömung zu tun?

Sie fällt zum Beispiel im Zusammenhang mit der so genannten al-Quds-Demonstration auf. Da zeigen »Antideutsche« Israel-Flaggen, was ja durchaus provozierend gegenüber der islamistisch motivierten Demonstration gemeint ist.

Die »Antideutschen« gehen davon aus, dass jeder Deutsche quasi ein antisemitisches Gen in sich trägt. Sie definieren sich in ihrer Unterstützung und Verteidigung des Staates Israel und geraten dann hin und wieder mit den so genannten »Pro-Palis« aneinander. Das ist sozusagen die Gegenströmung der »Antideutschen«.

Warum werden die Antideutschen im Verfassungsschutzbericht geführt?

Die »Antideutschen« sind ganz klar Linksextremisten, die das Grundgesetz der Bundesrepublik bekämpfen und das Ziel haben, es außer Kraft zu setzen. Ihr Verhältnis zu Israel ist ja nur ein Teilaspekt. Wir nennen sie nicht deswegen im Verfassungsschutzbericht, sondern wegen ihrer allgemein extremen Haltung. Es gibt auch Strömungskämpfe zwischen den »Pro-Palis«, den »Antiimperialisten«, die Israel wiederum als Brückenkopf des »US-Imperialismus« im Nahen Osten sehen. Diese Haltung verträgt sich nicht mit der Haltung der »Antideutschen«, die die Juden aufgrund unserer Geschichte um jeden Preis verteidigen wollen.

Schätzen Sie die Antideutschen tatsächlich als reale Bedrohung ein?

Es ist nicht zwangsläufig der Grad der Gefährdung ausschlaggebend für den Verfassungsschutz, sondern der politische Ansatz, der sich in politischen Aktivitäten oder vielleicht sogar mit Gewalt äußert, um das Grundgesetz der Bundesrepublik zu bekämpfen und langfristig zu beseitigen.

interview: stefan wirner