Mister Mitteldeutschland

ich-ag der woche

Liegen drei Äpfel in einer Reihe, kann bei der entsprechenden Sichtweise behauptet werden, einer befinde sich links, einer in der Mitte und einer rechts. Gibt es nur zwei Äpfel, so liegt keiner in der Mitte. Mit geografischen Einheiten verhält es sich ähnlich, nur spricht man von Westen und Osten statt von links und rechts. Das weiß jedes Kind.

Geht es nach dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, wird dieser Allgemeinplatz seine Gültigkeit verlieren. Er plädiert für den Zusammenschluss Sachsen-Anhalts, Thüringens und Sachsens zu einem Bundesland mit dem Namen Mitteldeutschland, welches unmittelbar an Polen und Tschechien grenzen würde. Warum auch nicht? Die Kinder werden schon lernen, dass die Suche nach Ostdeutschland rechts, pardon: östlich der sächsischen Grenze erfolglos bleiben wird.

Schweigen mögen die ewigen Nörgler, die in dem unschuldigen Ansinnen des Ministerpräsidenten wieder nur die dunkle Seite der deutschen Seele und das Bestreben erblicken, die ehemaligen deutschen Ostgebiete erneut einzuverleiben. Damit muss endlich Schluss sein! Hat man etwa davon gehört, dass der Mitteldeutsche Rundfunk oder die Mitteldeutsche Zeitung ihre Hörer- beziehungsweise Leserschaft bevorzugt in den ehemaligen deutschen Ostgebieten rekrutieren? Oder handelt es sich bei der vor drei Jahren gegründeten »Initiative Mitteldeutschland« vielleicht um den Decknamen für ein zweites »Unternehmen Barbarossa«?

Wolfgang Böhmer könnte als der Mann in die Geschichte eingehen, der »Mitteldeutschland« endgültig aus dem revisionistischen Sumpf befreit hat. Bis dahin dürfte jedoch noch ein wenig Zeit vergehen. Schließlich soll die Vereinigung der drei Bundesländer eine faire Sache unter gleich starken Partnern sein. »Ich kann doch den Sachsen und Thüringern nicht zumuten, dass sie künftig noch mehr Steuern zahlen, nur weil Sachsen-Anhalt sich exorbitant verschuldet hat.«

elvira hieb