Reisen für den Reis

Bauern und Globalisierungsgegner protestierten gegen das Apec-Treffen in Südkorea. Nun mobilisieren sie zur WTO-Konferenz in Hongkong. von christian karl, seoul

Südkoreas Protestbewegung bereitet sich auf ihren ersten Auslandseinsatz vor. Zwischen dem 13. und 18. Dezember findet in Hongkong das diesjährige Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) statt, und 2 000 südkoreanische Aktivisten wollen sich auf den Weg machen, um in der chinesischen Metrople auf die Ungerechtigkeiten der kapitalistischen Globalisierung im Allgemeinen und auf die »Leiden der unterdrückten Massen« im Besonderen aufmerksam machen, so das Internet-Magazin Minjung-ui Sori. In Hongkong fürchtet man bereits die Anreise eines Eisenstangen schwingenden, brandschatzenden Protestmobs.

Anlässlich des Gipfels der Apec (Asian Pacific Economic Cooperation), der vom 12. bis zum 19. November im südkoreanischen Busan tagte, fand schon einmal die Generalprobe statt. Eigentlich ist die Apec ein lockerer, eher informeller Zusammenschluss, Samuel P. Huntington nannte ihn »eine noch lahmere Quatschbude als die Asean«, die Association of South-East Asian Nations, die Vereinigung südostasiatischer Staaten. Doch die immer wieder betonte Irrelevanz der Apec hinderte so gut wie keine Organisation der südkoreanischen Protestbewegung daran, gegen die Jahrestagung zu mobilisieren.

Am 15. November demonstrierten in Seoul 10 000 Bauern gegen die von der Regierung geplante Ratifizierung des Gesetzes zur Erhöhung der Importquote für Reis von derzeit vier auf acht Prozent im Jahr 2010. Das hatte mit dem Apec-Treffen eigentlich nichts zu tun, doch die Protestierenden brachten das Gesetz mit dem Gipfel in direkte Verbindung: »Apec ist gleich Globalisierung und Globalisierung ist gleich Zerstörung der südkoreanischen Landwirtschaft.«

Als eine symbolische Trauerzeremonie für einen Aktivisten der Nationalen Bauernliga, der einige Tage zuvor aus Protest gegen die geplante Ratifizierung Selbstmord beging, von den berüchtigten Anti-Aufruhreinheiten angegriffen wurde, entwickelte sich eine mehrstündige Straßenschlacht, bei der etwa 300 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Auf Seiten der Demonstranten kamen Eisenstangen und Molotow-Cocktails zum Einsatz, mehrere Polizeibusse gingen in Flammen auf.

Für den Beginn der Tagung der Apec-Regierungschefs in Busan kündigten die Demonstranten weitere Proteste an. Die Führung der Bauernliga empfahl der Regierung, sich an den All American Summit in Mar del Plata zu erinnern, wobei ihr scheinbar entgangen war, dass dort nicht der Straßenprotest die Verhandlungen über den Freihandel blockiert hatte, sondern die Verweigerung mehrerer Regierungen Südamerikas.

»Konsequenterweise« versammelten sich dann auch am 18. November, am Tag des Treffens der Staats- und Regierungschefs der 21 Apec-Staaten, 25 000 Globalisierungsgegner in Busan – die Organisatoren hatten mit über 100 000 Demonstranten gerechnet. Die Themenpalette war sehr breit gefächert, sie reichte von der Ablehnung der WTO über den Schutz der südkoreanischen Reisproduktion bis zur Forderung nach dem sofortigen Abzug aller Besatzungstruppen aus dem Irak. »Stop Apec« und »Stop Bush« waren die recht einfach gestrickten Hauptlosungen.

Im Anschluss an die Hauptdemonstration versuchten tausende Aktivisten zum Gelände der Apec-Tagung zu gelangen. Diesmal hatten sich die Sicherheitskräfte, 50 000 waren vor Ort, recht gut vorbereitet, um stundenlangen direkten Konfrontationen vorzubeugen, und einfach das gesamte Gebiet in der Nähe des Tagungsortes mit unüberwindbaren Cargocontainern blockiert.

Am Mittwoch der vergangenen Woche hat das südkoreanische Parlament die Erhöhung der Quote für Reisimporte ratifiziert. Doch die Aktivisten der Bauernliga wollen nicht aufgeben und rufen nun zum Protest gegen die Konferenz in Honkong auf. Und zwar unter dem Motto: »Smash WTO!«