Der gläserne Abgeordnete

in die presse

»Bei Big Brother wählen mehr junge Leute als bei den allgemeinen Wahlen«, weiß George Galloway. Diese Gelegenheit will der britische Parlamentsabgeordnete nutzen, um gegen den Irak-Krieg zu agitieren. Er ließ sich von Channel 4 engagieren und wohnt seit Anfang Januar im Celebrity-Big-Brother-Haus.

Sein Wahlkreis werde nun »nicht ordentlich repräsentiert sein«, kritisiert der Labour-Parlamentarier Lord Foulkes of Cumnock. Seine Wähler sehen nun zwar, was ihr Abgeordneter so treibt, es gibt jedoch keinen Freigang für Parlamentssitzungen. In seinem Wahlkreis sind die Meinungen geteilt. »George hat Recht – das ist die Chance, die wirklichen Fragen zu thematisieren«, meint Rose im Diskussionsforum des Guardian. Jeff Luff dagegen fordert: »Behaltet ihn da, er tut nichts für die Gegend – ein typischer Politiker.«

Galloway, der wegen seiner engen Beziehungen zum Regime Saddam Husseins auch in der Friedensbewegung umstritten ist, kandidierte für die Partei Respect, ein Bündnis linker und islamischer Gruppen. Sein Auftritt bei Big Brother, »wo immer sehr viel Fleisch zu sehen ist«, könnte ihm bei seinen muslimischen Wählern schaden, mutmaßt nun der Guardian. Zumal die Big-Brother-Gastgeberin Davina McCall enthüllt hat, dass Galloways Vorlieben »seine Tochter, Sonnenbaden und Sex« sind. Im Diskussionsforum der Boulevardzeitung Sun bedauert Jay bereits »die Mädchen im Haus«, und Stefan Parmenter meint, es sei »ein Verstoß gegen die Menschenrechtsgesetze«, wenn man »Leute sechs Wochen lang mit George Galloway einsperrt«. »Darf er seinen Koran mitnehmen?« will dagegen ein Leser des Guardian wissen.

Das darf er wohl, aber längere Agitationsreden will ihm Channel 4 unter Berufung auf die Ofcom-Regeln, die bei kontroversen Themen zur Ausgewogenheit verpflichten, nicht gestatten. Bei seinem ersten Auftritt begnügte sich Galloway mit einem schlichten »Stoppt den Krieg«. Immerhin 7,9 Millionen Briten sahen sich die Show an, es war die höchste Einschaltquote. War das Galloway zu verdanken? Allzu viele Briten setzen nicht auf seinen Sieg. Die Favoritin in den Wettbüros ist das »glamour girl« Jodie Marsh.

jörn schulz