Planen Sie einen Anschlag?

Einbürgerung in Baden-Württemberg von udo wolter

»Wie stehen Sie zu der Aussage, dass die Frau ihrem Ehemann gehorchen soll und dass dieser sie schlagen darf, wenn sie ihm nicht gehorsam ist?« »Halten Sie es für zulässig, dass ein Mann seine Frau oder seine Tochter zu Hause einschließt, um zu verhindern, dass sie ihm in der Öffentlichkeit ›Schande macht‹?« Solche und ähnliche Fragen müssen Einbürgerungswillige aus den 57 Mitgliedsländern der Islamischen Konferenz seit 1. Januar in Baden-Württemberg beantworten, statt lediglich das in allen Bundesländern übliche Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu unterschreiben.

Im Gespräch sollen die Mitarbeiter der Einbürgerungsbehörde »Zweifel ausräumen, (…) ob bei Muslimen generell davon auszugehen sei, dass ihr Bekenntnis bei der Einbürgerung auch ihrer tatsächlichen inneren Einstellung entspreche«, heißt es in einer Pressemitteilung des Stuttgarter Innenministeriums. Zu diesem Behufe sollen die Beamten mit den BewerberInnen einen 30 Fragen umfassenden »Gesprächsleitfaden« abarbeiten, um bei ihnen »die Akzeptanz der Werteordnung« – was auch immer das heißen mag – zu ergründen.

Die Fragen weckten nicht nur bei dem Grünen Volker Beck Erinnerungen an die unselige »Gewissensprüfung« für Kriegsdienstverweigerer. Wer die kafkaeske Prozedur über sich ergehen lassen musste, erinnert sich wohl, selten im Leben so hochkonzentriert gelogen zu haben wie in dieser einen Stunde. Es liegt nahe, dass auch bei dem Einbürgerungstest nur der deutschen Sprache Unkundige und schlichte Gemüter das Falsche sagen werden, während gerade ideologisch geschulte Fans des Jihad plumpe Fallen zu umgehen wissen dürften. Was würden Sie tun, falls »Sie erfahren, dass Leute aus Ihrer Nachbarschaft oder aus Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis einen terroristischen Anschlag begangen haben oder planen«?

Im Innenministerium des »Ländles« hat man wenig Verständnis für den von islamischen Verbänden und Migrantenorganisationen sowie von zahlreichen PolitikerInnen fast aller Parteien zurecht geäußerten Vorwurf, muslimische Einbürgerungswillige würden unter einen diskriminierenden Generalverdacht gestellt. Mit einer politischen Bekämpfung des Islamismus oder gar aufgeklärter Religionskritik hat die Gesinnungstesterei nicht das Geringste zu tun, umso mehr aber mit den rassistischen Traditionen deutscher Einwanderungspolitik. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass bei späterer Zuwiderhandlung gegen die geleisteten Bekenntnisse die Wiederausbürgerung droht.

Anscheinend wird man in diesem Land nie begreifen, dass Jihadisten und türkischstämmige »Ehrenmörder« ebenso juristisch zu be­langen und zu bestrafen sind wie »mehrheitsdeutsche« Volksverhetzer, Terroristen und Mörder, statt Menschen aufgrund ihrer zugeschriebenen Religion und Kultur mit rassistischen Sondergesetzen und –verordnungen zu schikanieren. Durch die politisch hochkorrekten Fragen nach den Einstellungen zur Homosexualität, zur Gleichberechtigung der Geschlechter und gegenüber Juden wird zudem ebenso stillschweigend wie realitätswidrig suggeriert, dass »wir« in dieser Hinsicht über jeden Verdacht erhaben sind. Führten nicht im betreffenden Bundesland vor gut einem Jahr die Ambitionen Anette Schavans auf das Amt der Ministerpräsidentin dazu, dass sie in ihrer Partei als Lesbe denunziert wurde? Den vorhandenen Problemen des Antisemitismus und der Homophobie unter MigrantInnen wird jedenfalls mit selbstgerechter Gesinnungsabfragerei nach zweifelhaften Auswahlkriterien nicht beizukommen sein.