01.02.2006

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Da sage noch einmal jemand, linker Journalismus sei wirkungslos und habe keine Folgen! Von wegen! Die Jungle World wird nicht nur in den entferntesten Winkeln der Republik gelesen, nein, sie veranlasst die Menschen dort auch zu ungewöhnlichen Taten.

In der Weihnachtsausgabe berichteten wir an dieser Stelle von einem Kollegen, der süd­liche Gefilde besucht hatte und sich zu Hause bei Muttern mit süffigem Schwarzriesling aus Dürrenzimmern hatte bewirten lassen. In der vorigen Woche erreichte uns sodann ein schweres Paket mit einem Brief darin, der auf diese Begebenheit Bezug nahm. »Damit nicht nur die Heimaturlauber, sondern alle Redakteure in den Genuss des süffigen Weins aus Dürrenzimmern kommen, habe ich die Weingärtnergenossenschaft überzeugt, eure nächste Redaktionskonferenz mit einigen Kostproben zu sponsern. Zum Wohl! Ein Leser aus dem Schwabenland.«

In dem Paket befanden sich sechs Flaschen Wein: ein Schwarzriesling aus Dürrenzimmern aus dem Jahr 2003; ein Riesling, Kabinett, 2005; ein Klosterhof Riesling, 2004; ein Lemberger, 2004; ein Schwarzriesling, Weissherbst, 2004. Die Postleitzahl des Absenders überraschte und erfreute unseren Kollegen, der mit seiner kurzen Stippvisite die großzügige Weinlieferung bewirkt hatte. »Des isch grad ums Eck bei mia dahoim. Des isch ja e Ding. Dass in sella Gegend jemand die Dschangel liest, hätt’ i ned denkt.«

Mir au ned. Aber selbstverständlich soll es uns recht sein. Sechs Flaschen Wein können uns nicht gefährlich sein. Das wär’ doch ge­lacht, wer steht gerne auf einem Bein? Das haut uns nicht um, ja, das schaffen wir ganz allein!

Apropos sechs: Auf dem großen Redaktionstisch stehen nur noch fünf Flaschen. Handelt es sich um eine optische Täuschung? Aber nein, ausgerechnet die Flasche Samtrot fehlt! Hat sich ein heimlicher Genießer nachts in die Redaktion geschlichen und an unserem Ge­schenk vergangen? War es etwa gar der Kollege aus dem Schwabenland, der sich nicht mäßigen konnte? Dann und wann neigt er zu Übersprungshandlungen und gewagten Eskapaden. »I bin’s ned gwä«, beteuert er mit treuem Blick. Wer’s glaubt, bleibt nüchtern.

Aber was soll’s. Irgendwann muss jede Flasche Wein ihrer Bestimmung zugeführt werden. Der Lemberger ist fällig, und zwar jetzt! Plop! Ah, das Bouqet, der seidige Geschmack! Wohl bekomm’s! Und vielen Dank nochmal an Robert! Cheers!