Reist die Beziehung mit?

Groupies, gibt es sie zuhauf? Oder sind sie eine Erfindung der Yellow Press? elke wittich hat sich in einschlägigen Internetforen umgesehen

So glamourös ein Leben als Idol sein mag, so piefig ist das Dasein als Verehrerin eines Stars. Denn mehr als treu alle CDs zu kaufen, Poster aufzuhängen, Zeitungsartikel zu sammeln, Chartshows und Klatschsendungen anzugucken und vor Hotels laut zu kreischen, kommt in der Realität der meisten Fans nicht vor.

Entsprechend öde geht es in den einschlägigen Internetforen zu, seitenweise bestätigen die jeweiligen Popstar-Anhängerinnen einander darin, dass man mit der Auswahl des Angeschmachteten definitiv zur Elite gehöre, da die Konkurrenz einfach indiskutable musikalische Leistungen erbringe und obendrein auch noch potthässlich sei. Es werden Grundsatzdiskussionen über die neue Frisur, den mit vier Gigs in drei Wochen unendlich stressigen Tourplan oder das Lieblingsessen des Stars geführt.

Dabei scheint man zu ahnen, dass selbst die an­drogynsten unter den angebeteten Stars völlig durchschnittliche Männer mit Bedürfnissen sind, denn hin und wieder wird das Thema Groupies angeschnitten.

Wie kürzlich im Tokio-Hotel-Forum: »Also, was ist für euch ein Fan und was ein Groupie?« möchte »black Monsun« wissen. Unisono wird ihr erklärt, dass Groupies halt eben nicht primär an der Musik interessiert seien, sondern mit der jeweiligen Band oder dem Künstler »in die Kiste hüpfen« wollten. Groupies litten grundsätzlich an Realitätsverlust, fügt eine Userin hinzu, und damit ist der Thread tot, denn selbst der argloseste TH-Fan dürfte in diesem Moment geahnt haben, dass seine Schwärmereien mit einem ebenso strengen Urteil belegt werden könnten.

Wobei die Übergänge zwischen Fan und Groupie zunächst fließend waren. Die Bezeichnung Groupie kam mit dem Auftauchen der ersten ausgewiesenen Stars auf – bereits in den vierziger Jahren wurde Frank Sinatra von Mädchen im Teenie-Alter umschwärmt, die in der Hoffnung, einen Blick auf ihr Idol werfen zu dürfen, sein Hotel umlagerten.

In den sechziger Jahren wurde Sex mit einem Star zum Statussymbol, Groupies wie Pamela De Barres gehörten bald selber zur Glam-Szene. Ihre Erinnerungen »I’m with the band« wurden zum internationalen Bestseller, derzeit sucht sie auf ihrer Homepage www.electricgypsy.com für eine Nachfolgeband Kontakt zu anderen Groupies.

Sonst sind Starfucker-Websites eher selten zu finden, was wahrscheinlich am Schicksal einer der ersten und bekanntesten Internetseiten zum Thema überhaupt liegt. Auf www.groupiecentral.com wurden detaillierte Erlebnisberichte gepostet – und auch manche Ehefrauen erfolgreicher Rock­stars wie Sharon Osbourne als Groupies geoutet, inklusive peinlicher Einzelheiten aus der Vergangenheit wie Sex-, Alkohol- und Drogenexzesse. Mittlerweile existiert die Webpage nicht mehr, weil gleich mehrere der dort Aufgelisteten mit Klagen drohten.

Deutsche Groupies? Wenn, dann geht es, wie bei den Fans von 50 Cent, ziemlich unglamourös zu. Bereits zwei Monate, bevor der Rapper in Stuttgart auftreten wird, machen sich unter dem Titel »grou­pie love in stuttgart« drei Mädchen ihre Gedanken, wie man an den Star herankommen könnte. Goth087 erklärt illusionslos: »Ich geh da auch hin. Bin auch mal gespannt, ob ich ihn außerhalb der Veranstaltung sehe, wird bestimmt schwer, da mehrere es versuchen, und wie 50 Cent drauf ist, wenn er kein Bock auf Autogramme hat, wird er bestimmt schnell in Auto/Bus reinlaufen und ist weg.«

Über so wenig Sportsgeist würden die US-Groupies, die sich auf einem eigenen Board www.voy.com/16357 auf dem Laufenden halten, nur verächtlich grinsen. In Diskussionen, die buchstäblich über Jahre hinweg immer wieder aktualisiert werden, informiert man einander über Erlebnisse mit Musikern – oder halt über fehlgeschlagene Bemühungen. Und gibt einander Tipps. Episoden mit den Jungs von Rammstein, so klagt etwa eine der Frauen, seien nirgends im Archiv zu finden. »Kann denn niemand Genaueres sagen?« Nun, antwortet Viper, soweit sie wisse, »sind sie einfach ganz schwer zu bekommen, schade, denn Richard Z. Kruspe wäre schon mein Traum­date, aber ich weiß im Grunde, dass dies völlig unmöglich ist. Oder weiß eins der anderen Girls hier mehr?« Ja. »Kein Rockstar ist unmöglich zu bekommen«, erklärt Userin Panda, allerdings komme es schon da­rauf an, mit welcher Grundhaltung man an die ganze Sache herangehe, und dann deutet sie eine kurze, heiße Affäre mit dem Bandmitglied Till an, »yam­yam, ich bin immer noch völlig heiß auf ihn«.

Solche kurzen schwärmerischen Ausbrüche sind jedoch eher selten, zunächst gilt es schließlich, Informationen über gerade tourende Stars zu sammeln. Werden sie von Security abgeschirmt? Worauf stehen sie? Wie behandeln sie Groupies? Sind sie verheiratet, liiert, reist die Beziehung mit, und wenn ja, wie gut achtet sie auf ihren Mann?

Auch wenn einige der Star-Freundinnen bei den Groupies gar nicht gut wegkommen, weil sie als hochnäsig gegenüber den Auto­gramm­jäge­rinnen erlebt wurden, zeigt man sich den meisten anderen Frauen gegenüber nicht bitchy, sondern regis­triert durchaus aufmerksam und kritisch, wie die berühmten Männer mit ihnen umgehen. Einer Userin, die gern Details über das Privatleben und die gerade gescheiterte dritte Ehe von Steven Tyler erfahren möchte, wird beispielsweise umgehend geholfen. Ironischerweise, so freut man sich, habe seine Frau Teresa den ehemaligen Aerosmith-Sänger wegen eines 24 Jahre jüngeren Mannes verlassen – »ihn, der sie auf Tour ständig betrogen hat«. Irgendwie hat der Kerl das verdient, »denn gerade für Rockstars wie ihn ist es absolut gängig, die Frau oder Freundin gegen eine wesentlich Jüngere auszutauschen«.

Allerdings gibt es Ausnahmen: »Gut, dies ist wohl die allerletzte Person, die man hier im Message-Board erwaret, aber hat vielleicht jemand Erfahrungen mit Michael Jackson gemacht, die sie mit uns teilen möchte?« fragt eine anonyme Userin. Dies sei tatsächlich wohl nicht der richtige Ort für diese Frage, antwortet Jameliah umgehend, »außer es ist gerade ein Junge unter 15 hier bei uns«.

Ein paar Monate später wird dann jemand unter dem Pseudonym Knowing posten, er kenne ein Kind, das Kontakt zu Jackson gehabt habe, und auf die Frage nach Einzelheiten mit der Abwandlung des alten Tour-Spruchs »What happens on the road stays on the road« antworten: »Was in Neverland passiert, bleibt in Neverland.«

Andere Stars scheiden dagegen aus anderen Gründen als Zielperson der Groupie-Bemühungen aus: Alice Cooper? Über ihn gebe es ganz einfach keine Geschichten, »der einzige, der unterwegs Sex hat, ist sein Tourmanager«. Auch bei Beck müsse man sich keinerlei Hoffnungen machen, »er bevorzugt feste Beziehungen und ist schlichtweg treu«.

Eine einzige Nacht mit einem Star ist für richtige Groupies jedoch nicht der größte Wunsch. Mit im Tourbus zu reisen und die gesamte Band näher kennen zu lernen – so lautet das Ziel, und das ist gleichzeitig das Problem. Denn die Verachtung für die Groupies ist groß. In dem für den Erfahrungsaustausch zwischen Musikern gedachten Forum von acapella.harmony-central.com gibt es einen Thread namens »Your Groupie Stories«, in denen sich die User gegenseitig schmierige Macho-Geschichten von willigen Frauen erzählen.

Und dabei deutlich weniger Stil und Diskretion zeigen als die Groupies. Diejenigen, die es in die Tourbusse schafften, berichten in aller Regel sehr zurückhaltend über Band-Interna und über das, was ihnen entnervte, gestresste Musiker so unterwegs erzählten, »Privatsphäre muss schließlich Privatsphäre bleiben«.