Der Bedarf an Terror ist gedeckt

Der Waffenstillstand, den die Eta verkündet hat, ist eine Konsequenz aus den politischen Entwicklungen seit den islamistischen Terroranschlägen vom 11. März 2004 in Madrid. von gaston kirsche

Sogar Papst Benedikt XVI. würdigte vergangene Woche bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom den Waffenstillstand, den die Eta am 22. März verkündete. Auch im Baskenland und in anderen Teilen Spaniens sind viele Menschen darüber erleichtert. Seit zwei Jahren wurde immer wieder darüber spekuliert, wann die Eta nun den Sprengstoff zur Seite legen werde.

Nach den brutalen Anschlägen auf voll besetzte Nahverkehrszüge am 11. März 2004 in Madrid veröffentlichte die baskische Guerilla das erste Mal in ihrer bis dahin 45jährigen Existenz eine Erklärung, in der sie sich von dem Anschlag einer anderen Organisation distanzierte. Ab diesem Zeitpunkt verübte die Gruppe nur noch kleinere Anschläge. Seit 1977 starben über 800 Menschen bei Anschlägen der Guerilla, nach dem 11. März 2004 kein einziger mehr. Im Juni 2005 verkündete die Eta dann, keine Anschläge auf gewählte Politiker mehr durchzuführen.

An einer bewaffneten nationalen Bewegung besteht angesichts des islamistischen Terrors und der dadurch forcierten Ablehnung von Anschlägen und Erschießungen selbst unter früheren Anhängern der Eta oftmals kein Interesse mehr. Zumal die Repression des Staates zu einer immer stärkeren Militarisierung des bewaffneten Kampfes der Eta geführt hat, die kaum noch im politischen Umfeld vermittelbar war.

Den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero forderte die Guerilla unmittelbar nach seiner Wahl, noch unter dem Eindruck des Massakers vom 11. März, in einem offenen Brief zu einer »starken und mutigen Geste« für das baskische Volk auf und erklärte ihre Bereitschaft zum Dialog. Ein nicht veröffentlichter Brief der Eta folgte im August 2004. Danach begannen geheime Kontakte zwischen der Regierung und der Guerilla. Die Treffen fanden unter Vermittlung eines nordirischen Priesters in Oslo und Genf statt. Es wird nicht offen darüber gesprochen, welche Gruppen beteiligt waren, aber es ist bezeichnend, wie schnell Gerry Adams für die nordirische Sinn Fein den Waffenstillstand der Eta unmittelbar nach dessen Bekanntwerden begrüßte.

Sinn Fein unterhält enge Beziehungen zu der im Jahr 2003 verbotenen baskischen Partei Batasuna. Beide sehen sich als antikoloniale, nationale Kräfte gegen Besatzung. Sie schmückten früher ihr Eintreten für das irische bzw. baskische »Volk« mit marxistischem Vokabular, weshalb viele Linke sie als sozialistische Kräfte ansehen, obgleich alle sozialen Aspekte dem nationalen Befreiungskampf untergeordnet sind.

Dem spanischen Staat erscheint Batasuna weiterhin verdächtig. Wegen eines zweijährigen Betätigungsverbots wurde vergangene Woche ein Treffen von Batasuna, auf dem das politische Programm der Partei vorgestellt werden sollte, untersagt. Eigentlich war dort ein Auftritt Arnaldo Otegis vorgesehen, des Vorsitzenden der Partei, der am 29. März wieder einmal verhaftet worden ist. Ihm wird vorgeworfen, zu einem Aktionstag am 9. März aufgerufen zu haben, bei dem es dann zu zahlreichen militanten Aktionen kam. Das Sondergericht der Audiencia Nacional verfügte Präventivhaft, bis die angeordnete Kaution von 250 000 Euro hinterlegt ist.

Was bleibt im Baskenland, wenn der bewaffnete Kampf entfällt? Der baskische Autor Juan Ibarrondo vermutete, das Baskenland könne »eine Euroregion mehr werden, genauso konservativ und neoliberal wie die anderen«. Er hofft allerdings auf eine Zukunft, die von linken Idealen bestimmt ist. Nur sieht er sich weiterhin als Angehöriger eines ausgebeuteten, unterdrückten Volkes: »In gewisser Weise sind wir Basken die letzten Indios Europas.« Nicht nur in den Erklärungen der Eta steht ein bas­kisches »Volk« im Mittelpunkt vermeintlicher Befreiung. Mag die Eta auch am Ende sein, volkstümelnde statt linker Begriffe dominieren weiterhin die radikale politische Szene im Baskenland.