Die Tour vermasseln

Die Band »Impaled Nazarene« befindet sich auf Europatournee. Antifa- und Schwulengruppen haben schon einige Auftritte verhindert. von markus ströhlein

Trinken Black-Metal-Bands Sekt, um einen Erfolg zu feiern? Oder fließt standesgemäß Lämmerblut, wenn es etwas zu begießen gibt? »Impaled Nazarene« jedenfalls dürften Ende März mit Wodka der Marke »Finlandia« auf den Einstieg ihrer neuen Platte auf Platz 38 der finnischen Charts angestoßen haben. Schließlich ist der Titel »Pro Patria Finlandia« auch der Vorliebe für den starken Fusel geschuldet. Außerdem heiße das Hauptwerk des berühmtesten finnischen Komponisten Jean Sibelius ebenfalls »Finlandia«, sagt Sänger Mika Luttinen über das Album, das die Band auf ihrer Homepage mit dem Slogan bewirbt: »… and the holocaust continues!«

Dass die Finnen mehr im Sinn haben, als Wodka zu saufen und klassische Musik zu hören, hat sich inzwischen herumgesprochen. Die Band existiert bereits seit dem Jahr 1990. Behandelte sie in ihren ersten Texten noch genreübliche Themen wie Kopulation mit Ziegenböcken und die Penislänge Satans, folgte 1994 das faschistische Outing mit dem Album »Suomi Finland Perkele«, was frei übersetzt heißt: »Finnland, Finnland, fuck off«.

Doch nicht der Titel der Platte sorgte für Proteste, sondern der darauf zu findende Song »Total War-Winter War«. Er beginnt mit den Worten: »Wollt ihr den totalen Krieg? Ja, wir wollen den totalen Krieg!« Was den Aussagen des Sängers Luttinen zufolge eine Beschreibung des Winterkriegs zwischen Finnland und der Sowjetunion im Jahr 1939 sein soll, liest sich jedoch eher wie eine antikommunistische Auslöschungsfantasie: »Russland ist geschlagen, über 200 000 Kommunisten sind tot. Wenn sie einen neuen Krieg wollen, werden wir sie dieses Mal alle töten.«

Eine kommunistische Jugendorganisation aus Frankreich wurde 1994 auf das Album aufmerksam und konnte bei der größten französischen Kaufhauskette für Tonträger erwirken, dass es aus dem Handel genommen wurde. Aufmerksame Hörer hätten aber schon vor dem Erscheinen des Songs »Total War-Winter War« bemerken können, dass »Impaled Nazarene«, was »Gepfählter Nazarener« bedeutet, sich nicht nur der im Black Metal üblichen Mischung aus satanistischen Versatzstücken, sozialdarwinistischen Anklängen und plumper Provokation bedienen. So heißt es im Song »Gott ist tot« aus dem Jahr 1993: »Gott ist tot, der Judengott ist tot!« Die Zeile wird so oft wiederholt, dass es offenbar selbst der Band zu monoton wurde. Zur Auflockerung wird deshalb eingestreut: »Heil! Heil! Heil! Heil!« Im Song »Soul Rape«, der sich auf der gleichen Platte befindet, hört man folgende Zeile: »Ich begebe mich in den Kreis der wartenden Herrenrasse, das satanische Vierte Reich.«

Zu einer Verherrlichung des Holocaust gerät der Song »Zum Kotzen« aus dem Jahr 1995. Verständnisprobleme sind zumindest für Hörer aus Deutschland ausgeschlossen. Die Finnen singen das Lied auf Deutsch: »Ich frage dich: Was ist Dreck? Was ist reine Scheiße? Ich sage dir: der Untermensch. Ein aussterbender Kreis.«

Ein weiteres antikommunistisches Manifest veröffentlichte die Band 1998 mit dem Song »Healers of the Red Plague«. Allesamt Krankheitsüberträger und Untermenschen, könne man mit den bösen Roten nur auf eine Art verfahren: »Damals in den Tagen von Vietnam war Napalm das Heilmittel.« Und obwohl sich »Impaled Nazarene« gern als Hüter der Amoral gerieren, scheint zumindest die gleichgeschlechtliche Liebe ihr Empfinden erheblich zu stören. In dem Song »Zero Tolerance« aus dem Jahr 2000 heißt es: »Hört zu, ihr verdammten Schwuch­teln, eure Zeit ist gekommen. Und wenn du eine Lesbe bist, hast du immer noch eine Fotze, die man vergewaltigen kann. Es ist unnatürlich!«

Die Gegner von »Impaled Nazarene« wollen möglichst viele Konzerte der Band, die sich auf einer großen Europatournee befindet, verhindern. Schon vor deren Beginn wurden drei Termine in Deutschland wieder abgesagt. In Gießen setzte die Antifagruppe Comité Liberté den Leiter des örtlichen Jugendzentrums über die Ideologie der Band in Kenntnis. Daraufhin strich er die Show aus dem Kalender. Auch in Flensburg und Sulzbach wurden die Betreiber der Clubs auf die Texte ihrer zukünftigen Gäste aufmerksam gemacht. Und die Band muss unfreiwillig weitere freie Tage einlegen. Die Veranstalter der »Walpurgis Metal Days« in der Nähe von Passau sagten ein Konzert von »Impaled Nazarene« aus Angst davor ab, ihren Ruf zu ruinieren. In Halle sorgte eine ausführliche Presseerklärung der Schwulengruppe Equal für den Ausfall des Konzerts.

Aber es gibt auch Clubs, die an den Auftritten festhalten. So sollen »Impaled Nazarene« am 10. Mai in der Augsburger Musikkantine, am 13. Mai im K17 in Berlin, am 18. Mai im Bonner Rockclub, am 1. Juni im Headbangers Ballroom in Hamburg und am 2. Juni in der Mensa in Greifswald spielen.

Die Ausfälle scheinen die Band zu schmerzen. Noch bevor sie die Tour antrat, ließ sie in einer weinerlichen Pressemitteilung wissen, sie sei entsetzt über die »Diffamierungen« der Antifa. »Impaled Nazarene« erkenne schließlich die Menschenrechte an. Anders als die Platten von Bands aus dem Untergrund des offen nationalsozialistischen Black Metal, erscheinen die Alben von »Impaled Nazarene« auf einem relativ professionellen Label. Ausfallende Konzerte schaden dem Kontostand. Auch nazistische Teufelsjünger müssen ihre Miete bezahlen.

Rock Hard, das größte Metalmagazin in Deutsch­land, interviewt die Band bereits seit mehreren Jahren nicht mehr. Ein österreichischer Fan von »Impaled Nazarene« hatte sich in einem Leserbrief Luft gemacht und sich in einem Forum auf der Internetseite der Gruppe über die faschistoiden Texte beschwert. Prompt erhielt er eine Antwort der Musiker: »Du Stück schwule Scheiße, wir hoffen du bekommst Aids und stirbst qualvoll, die Band.«

Im Forum des Black-Metal-Labels Christhunt Productions sorgen die Absagen der Konzerte für Gesprächsstoff. Hier beteiligen sich Leute mit Namen wie »Untersturmbannführer«, »Werwolf« oder »Germania« an der Diskussion. »Christen­asche« ist wenig erfreut: »Antifa ist Brennholz für den Ofen, Futter für die Schweine oder einfach nur Abschaum, der an die Wand gehört.« So ähnlich dürften es auch die Musiker von »Impaled Nazarene« sehen.