Nicht nur die Liebe zählt

in die presse

Wer in den USA heiraten will, muss nicht die Eltern, den Mullah oder den Priester fragen. Doch sollte allein eine so flüchtige Emotion wie die Liebe ausschlaggebend für eine so wichtige Entscheidung sein? Im Milieu »above 30K«, unter jenen, die mehr als 30 000 Dollar im Jahr verdienen, gewinnen auch andere Gesichtspunkte an Bedeutung.

»Heirate keine Karrierefrau«, rät Michael Noer im Wirtschaftsmagazin Forbes. »Frauen – sogar solche mit ›feministischen‹ Ansichten – sind glücklicher, wenn ihr Ehemann der Hauptverdiener ist.« Dies habe die Sozialforschung ergeben, die zudem festgestellt habe, dass Karrierefrauen eher dazu neigen, sich scheiden zu lassen oder sich zumindest einen anderen Mann zu suchen. »Je erfolgreicher sie ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie unzufrieden mit Ihnen sein wird.« Sogar das Krankheitsrisiko steigt, wenn man eine Karrierefrau ehelicht.

Sein Ratschlag könnte als Entsprechung zur Ansicht von Feministinnen wie Linda Hirshman betrachtet werden. Sie empfiehlt erfolgreichen Frauen: »Marry down«, heirate einen Mann mit »geringerer sozialer Macht«, also geringerem Einkommen, denn der macht weniger Scherereien und vielleicht sogar mal den Abwasch. Dennoch wurde Noer vorgeworfen, die Frauen zurück an den Herd treiben zu wollen.

Zu Unrecht, meint Jack Shafer im Online-Magazin Slate. Die Aussagen ließen sich auch geschlechtsneutral werten. Männer mit guter Ausbildung und hohem Einkommen neigten ebenfalls stärker zu außerehelichem Sex, die Frau geht also ein ebenso hohes Risiko ein, wenn sie einen Karrieremann heiratet. Die höhere Scheidungsrate müsse nicht negativ beurteilt werden, denn gut verdienende Frauen »können es sich eher leisten, eine unglückliche Ehe zu beenden«.

Dennoch holte Forbes nach den Protesten eilig eine Gegenmeinung ein. »Heirate keinen faulen Mann«, rät Elizabeth Corcoran. Zumindest sei es erforderlich, dass »er neue Ideen schneller kapiert als Ihr Hund«, nützlich ist es auch, wenn er komplexere Aufgaben wie das Investitions­management bewältigen kann. Und die Hausarbeit? »Das Einkommen reicht, um jemand anderen dafür einzustellen.«

jörn schulz