»Skurril bin auch ich«

small talk

Michael Kronawitter engagiert sich seit Jahren in der Anti­fa und bereitete mehrfach die linksradikale Demonstra­tion zum 1. Mai in Berlin mit vor. Jetzt kandidiert er auf der Liste der Wahlalternative (Wasg) für das Abgeordnetenhaus.

Warum kandidieren Sie auf einer Liste der Wasg? Haben Sie keine Lust mehr auf außerparlamentarische Opposition?

Die Berliner Wasg ist auf verschiedene Leute zugegangen, die in Berlin auch auf der Straße Opposition machen. In diesem Zusammenhang hat sie auch mich gefragt. So ein Projekt wie die Berliner Wasg, das auch im Parlament Druck machen und für Wirbel sorgen will und dafür Leute aus der außerparlamentarischen Opposition einbindet, finde ich sympathisch.

Fühlen Sie sich wirklich wohl in der Wasg? Zwischen all den Leuten von Linksruck und der SAV?

Linksruck steht ja eher auf der Seite von Oskar Lafontaine, die wollten die eigenständige Kandidatur der Wasg in Ber­lin verhindern. Aber das Ganze hat natürlich den Charak­ter eines Bündnisses. Da ist nichts wirklich festgelegt, es ist nicht so, dass hier bestimmte Gruppen dominieren. Außerdem bin ich sowieso parteilos.

Der Versuch, etwa seitens der taz, die Berliner Wasg als einen Haufen von Sektierern darzustellen, ist eine traurige Angelegenheit. Es geht dabei wohl eher darum, die eigene Vergangenheit zu bewältigen und alle, die an einer wirklichen Opposition und an einer anderen Gesellschaft interes­siert sind, als Utopisten und Spinner abzutun.

An solchen Bündnissen sind ja oft auch, sagen wir mal, skurrile Leute beteiligt. In den Verbänden der Wasg in Steglitz oder Zehlendorf sollen sich, wie der Jungle World erzählt wurde, auch Leute tummeln, die sich vor Jahren an einer Kampagne gegen das Holocaust-Mahnmal beteiligt haben.

Skurril bin auch ich. Aber was die Rechten betrifft: Soweit ich es mitbekommen habe, werden in der Wasg Rechte ganz krass ausgegrenzt und bekämpft. Wenn sich Mitglieder der Berliner Wasg aus Protest an einen Abschiebeknast ketten, dann zeigen sie, dass es hier keine Anschlussfähigkeit für Rassisten gibt. Und das finde ich beachtenswert.

interview: stefan wirner