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Das Gipfeltreffen der Blockfreien von thilo f. papacek

Offizieller Präsident der Bewegung der Blockfreien Staaten ist für die nächsten drei Jahre Fidel Castro. So haben es die Regierungschefs der 118 Staaten, die auf dem Gipfel der Organiation in Havanna vertreten waren, am Samstag beschlossen. Doch ob der gesundheitlich angeschlagene Castro dieses Amt je antreten wird, ist unklar. Vorerst wird es sein Bruder Raúl übernehmen.

Es bietet sich jedoch ein anderer an, zumindest inoffiziell die Führung zu übernehmen. Hugo Chávez, der Präsident Venezuelas, nutzte seinen Auftritt in Havanna, um erneut für sich als Retter der Armen der Welt zu werben. Er bekräftigte seine Verbundenheit mit dem belarussischen Präsidenten Aleksandr Lukaschenko, mit Fidel Castro und Mahmoud Ahmadinejad, dem Präsidenten des Iran.

So unterschiedlich die Regierungschefs auch sein mögen, in einem sind sich die vier auf jeden Fall einig, in ihrer Feindschaft gegenüber den USA. So verwundert es nicht, dass das Abschlussdokument der Konferenz eine eindeutig gegen die US-Außen­politik, vor allem gegen die Militäraktionen im Irak gerichtete Botschaft ist. Die mit den USA verbündeten Staaten Pakistan und In­dien versuchten in seltener Eintracht, den antiamerikanischen Unterton abzumildern. Sie brachten eine Verurteilung des Terrorismus in das Dokument ein. Auch der Krieg zwischen Israel und der Hizbollah wurde von den Konferenzteilnehmern verurteilt. Bereits in ihrem Gründungsdokument hatte sich die Blockfreienbewegung auf die Ablehnung des »Zionismus« festgelegt.

»Die Allianz blockfreier Nationen ist wich­ti­ger denn je«, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan am Samstag. Er hat damit sicher Recht. Zwar gibt es nicht mehr die bipolare Welt, von der sich die Blockfreien einst abgrenzen wollten. Aber die Konferenzteilnehmer in Havanna nehmen für sich in Anspruch, fast zwei Drittel der Weltbevölkerung zu vertreten. Der wirtschaftliche Einfluss der »Schwellenländer« unter den Blockfreien wächst enorm, und mit dem wachsenden Einfluss sinkt die Bereitschaft, die eigene Außenpolitik den Interessen Europas oder der USA unterzuordnen.

Chávez forderte auf dem Gipfel, eine multipolare Weltordnung aufzubauen, anstatt der »unipolaren, die vom US-Imperialismus dominiert wird«. Doch seine Bemühungen, ein internationales Bündnis gegen die USA zustandezubringen, scheitern an den unterschiedlichen Interessen seiner Partner. Zwar unterstützt er einerseits die Wiederwahl von Brasiliens Staatspräsident Luis Inácio Lula da Silva und sprach sich sogar dafür aus, den Sitz der Vereinten Nationen nach Brasília zu verlegen.

Andererseits ist er ein enger Verbündeter des bolivianischen Präsidenten Evo Morales, der am 1. Mai die Erdgasreserven verstaatlichte, sehr zum Unwillen des brasilianischen Staates, dessen Energiekonzern Petrobras der größte Investor in Bolivien ist. Der bolivianische Energieminister Andres Soliz Rada, der den »bra­silianischen Neokolonialismus gegenüber Bolivien« kritisiert, woll­te sogar die Gewinne von Petrobras von seinem Ministerium verwalten lassen. In Havanna jedoch versprach Morales dem brasilianischen Außenminister Celso Amorim, dass es dazu nicht kommen werde.

Doch die Zahl der Konflikte dieser Art dürfte in Zukunft eher wachsen, denn die ökonomischen Unterschiede zwischen den Staaten der Blockfreienbewegung sind größer geworden, und auch blockfreie Konzerne handeln nach den Maßgaben kapita­listischer Rationalität. So einfach, wie Chávez es sich erhofft, ist es eben nicht, die Welt in böse Imperialisten und gute Antiimperialisten zu unterteilen.