»Wir lassen uns nicht einschüchtern«

Im Berliner Wahlkampf griffen Rechtsextreme gezielt Wahlveranstaltungen anderer Parteien an. Dabei wurde auch ein Juso verletzt. Ein Gespräch mit Franziska Drohsel, der Berliner Vorsitzenden der Jusos.

Wie geht es Ihrem Parteikollegen, der in der vorletzten Woche von zwei Neonazis schwer verletzt wurde?

Er hatte eine Gehirnerschütterung und zahlreiche Hämatome. Mittlerweile ist er aus dem Krankenhaus entlassen worden. Es geht ihm körperlich ganz gut. Aber den Schock muss er natürlich noch verarbeiten.

Wie haben die Jusos auf diesen Angriff reagiert?

Unser Genosse erfährt natürlich unsere volle Solidarität und Unterstützung. Wir sind seit Jahren im Kampf gegen Rechtsextremismus aktiv. Diesen Kampf werden wir weiterführen. Angesichts der Angriffe der Neonazis heißt das, dass wir mehr Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen, aber wir werden uns nicht einschüchtern lassen.

Wie wollen Sie die weitere Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus führen?

Wir werden unsere Zusammenarbeit mit Gruppen und Initiativen aus dem außerparlamentarischen und antifaschistischem Spektrum fortsetzen, wenn es zum Beispiel darum geht, Gegendemonstrationen abzuhalten, wenn die Neonazis auf die Straße gehen. Natürlich leisten wir auch Aufklärungsarbeit unter Jugendlichen, verteilen Flyer und Broschüren. Und wir setzen uns dafür ein, dass die Fördermittel für die mobilen Beratungsteams erhöht werden.

Die Jusos sind bei den Antifa-Protesten nicht immer gerne gesehen.

Ich finde das manchmal ärgerlich, weil wir antifaschistische Arbeit leisten. Im Kampf gegen Rechts sollten linke Gruppen zusammenstehen und die Zusammenarbeit an inhaltlichen Kriterien festmachen.

Die finanziellen Mittel für Initiativen und Organisationen, die den Rechtsextremismus bekämpfen, sollen nach dem Willen der Bundesregierung gekürzt werden. Die SPD hat nicht sonderlich stark dagegen protestiert.

Die Weiterführung der Programme gegen den Rechtsextremismus, Civitas und Entimon, wurde im Koalitionsvertrag festgelegt. Die CDU wollte sie auf den Kampf gegen den Linksextremismus ausweiten. Dagegen tritt die SPD aber geschlossen ein. Ein Teil der Programme wird von den Ländern und Kommunen bezahlt. Wir müssen uns in dieser Sache mit den Haushaltspolitikern auseinandersetzen. Wir treten dafür ein, dass die Mittel in Berlin keinesfalls gekürzt werden.

Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat gesagt, man müsse die NPD politisch bekämpfen. Wie soll dieser Kampf aussehen?

Im Umgang mit der NPD muss eines klar sein: Sie ist keine normale Partei wie jede andere. Alle demokratischen Parteien müssen dies deutlich sagen. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Mit Rechtsextremen darf nicht diskutiert werden. Man muss sie ausgrenzen.

Wolfgang Thierse und der Vorsitzende der Jusos, Björn Böhning, fordern ein Verbot der NPD. Was halten Sie davon?

Meinetwegen könnte die NPD verboten werden. Sie erhielte dann wenigstens keine Gelder mehr. Aber ein Verbot wird das Problem nicht lösen. Es kann den Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht ersetzen.

Thierse hat schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Hat die Polizei versagt, was den Schutz von Wahlveranstaltungen vor den Rechtsextremen angeht?

Die Polizei steht natürlich in der Verantwortung. Es gibt in Berlin so genannte Angsträume. Als Träger des staatlichen Gewaltmonopols kann und muss die Polizei mit ihrer Anwesenheit dafür sorgen, dass es etwa auf Wahlveranstaltungen nicht zu Übergriffen oder Einschüchterungen kommen kann. Ich verstehe nicht, weshalb die Täter, die einen unserer Genossen verprügelt haben, zunächst wieder frei gelassen wurden und erst später in Untersuchungshaft kamen. Auf einer Kundgebung in Lichterfelde tauchten Neonazis aus dem Umfeld der Berliner Kameradschaften auf. Sie wurden nur kurz kontrolliert. Dann konnten sie sich ungehindert auf unserer Kundgebung bewegen. Sie konnten Besucher fotografieren und einschüchtern. Die Polizei muss sich die Kritik an ihrem laschen Vorgehen gefallen lassen.

interview: markus ströhlein