Schüsse für die Staatsraison

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Die Empörung ist groß. Am Samstag ist die russische Journalistin Anna Politkovskaja erschossen worden, als sie vom Einkaufen nach Hause kam. Eine Makarov-Pistole und mehrere Patronenhülsen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft am Tatort gefunden. Eine Überwachungskamera hat Bilder des mutmaßlichen Täters, eines großen jungen Mannes mit dunkler Kleidung und schwarzer Basecap, aufgenommen.

Anna Politkovskaja hat sich mit ihrer kritischen Berichterstattung viele Feinde gemacht. Ihre letzte Story betraf Foltervorwürfe gegen tschetschenische Behörden, sagte Dmitry Muratov, der Chefredakteur der Zeitung Novaya Gazeta, für die die investigative Journalistin arbeitete. Auch die autoritären Tendenzen im Russland unter Putin hatte sie kritisiert.

Dass die russischen Behörden das Verbrechen aufklären, erwartet kaum jemand. Die Liste der ungestraften Morde an Journalisten in Russland seit Mitte der neunziger Jahre ist lang. Die Novaya Gazeta hat zur Aufklärung des Verbrechens eine Prämie von umgerechnet knapp 740 000 Euro ausgelobt. In kremltreuen Medien wurden am Sonntag Spekulationen verbreitet, der Mord an der Journalistin sei ein »Versuch, hier eine Orangene Revolution zu provozieren«, berichtete die Moscow Times. Es sind solche friedlichen Pseudo-Erklärungen, die zur Vorbereitung der nächsten Gewalttaten an Kritikern dienen.

wladimir n. popow