Mitteilungen aus der Parallelgesellschaft

in die presse

»Ich habe mich oft gewundert«, sagt der bürgerliche Intellektuelle Zif­fel zu seinem kommunistischen Gesprächspartner Kalle, »warum die linken Schriftsteller zum Aufhetzen nicht saftige Beschreibungen von den Genüssen anfertigen, die man hat, wenn man hat«. Die Redakteure des Manager-Magazins dürften nicht diese Überlegung aus Bertolt Brechts »Flüchtlingsgesprächen« im Sinn gehabt haben, als sie ihr Sonderheft über »Die 300 reichsten Deutschen« anfertigten. Dennoch haben sie damit einen der aufschlussreichsten Beiträge zur Debatte um die »Unterschicht« geliefert.

Schon das Cover hebt sich in seiner schlichten Eleganz von den grellen Unterschichtenzeitschriften ab: in aristokratischem Gold gehalten, darauf nur die in schwarz und weiß gedruckte Schlagzeile. Im Editorial klagt Chefredakteur Arno Balzer, dass in der Öffentlichkeit »ein schiefes, vorurteilbeladenes Bild des Lebens und Wirkens der Reichsten« herrsche. Dabei würden sich diese selbstlos und verantwortungsvoll für wissenschaftliche, kulturelle und soziale Zwecke betätigen; ohne sie hätten etliche Museen, Universitätsinstitute und Krankenhäuser schließen müssen.

Auf den nächsten Seiten werden die 100 Reichsten porträtiert. Wir erfahren, dass sich die Allerreichsten, die Aldi-Eigentümer Karl und Theodor Albrecht (16,1 bzw. 16,05 Mrd. Euro Privatvermögen), mit ihrer »Griesgrämigkeit« das Leben schwer gemacht hätten, dass Dieter Schwarz, der Chef der Lidl-Gruppe (Platz 3, 10,25 Mrd.), »fälschlicherweise« von Gewerkschaftern für einen »Mann von bitterer Sinnesart« gehalten werde, oder dass Friede Springer (2,75 Mrd., Platz 38) liebevoll für verdiente Mitarbeiter sorge. Nebenbei sehen wir, dass einige der »Megareichen« ihr Vermögen einem auf die Unterschicht zugeschnittenen Angebot zu verdanken haben. Die Deutschen aber sind diesen Wohltätern nicht dankbar. Sie sind neidisch. Der »naturgegebene Neid« übersetze sich »weniger in produktive Leistungssteigerung als in destruktive Umverteilungslüste«. Im vorigen Jahr seien die Reichen zwar reicher geworden. Jedoch deute, »befördert nicht zuletzt von Sparmaßnahmen, die in Privathaushalten erforderlich wurden«, einiges darauf, dass ihr »Wohlstand an seine Grenze« stoße. Man muss diese vermaledeite Unterschicht zur Räson bringen, bevor sie noch mehr Unheil anrichtet!

melis vardar