Nachrichten

Deutschland-Polka

Heino. Er ist zurückgekehrt. Einfach so. Eigentlich war er bereits weg, für immer. Das sagte er zumindest. Er gab noch große Abschiedstourneen, ultimative letzte Konzerte, es flossen Tränen auf der Bühne, Blumensträuße wurden im Blitzlicht überreicht, das gan­ze Programm eben für einen, der lange genug Volksweisen von sich gegeben hat.

Und jetzt macht er doch weiter. Es ist zum Verzweifeln. Heino war bereits in Rente mit seinen 67 Jahren, alles war vorbei, doch nun schlagert er fröhlich weiter. Seine neue Platte nennt sich »Deutschland, meine Heimat« und die aktuelle Heino-Single hat noch einen viel großartigeren Titel: »Wir tanzen Polka, denn wir lieben Germany«. Was soll man dazu noch groß sagen? Meint Heino solche Songtitel eigentlich noch ernst, oder ist er bereits auf der Ironie-Ebene angekommen? Lesen wir es nochmals nach: »Wir tanzen Polka, denn wir lieben Germany«. Man braucht Drogen aus dem Regenwald, um sich solch einen Titel auszudenken. (aha)

R. I. P. forever

Tupac Shakur. Der Mann ist ein echtes Phänomen. Man muss von ihm im Präsens sprechen, auch wenn er bereits seit über zehn Jahren tot ist. Denn er lebt mindestens so sehr wie Elvis. Tupac Shakur war Rapper und 25 Jahre alt, als man ihn erschossen hat. Er war ein leidlich guter Rapper, heute dagegen ist man sich einig: Er war der beste. Denn aus irgendwelchen Gründen gilt Tupac Shakur heute als Heiliger des Rap, gestorben für die Musik, ein Märtyrer im Namen der fetten Bassdrum.

Unter seinem Namen und unter dem Pseudonym Makaveli werden postum immer noch fleißig Platten veröffentlicht, eine riesige Verwertungsmaschinerie sorgt dafür, dass in irgendwelchen Archiven immer wieder neue Tupac-Bänder gefunden werden. Denn alles, wohinter Tupac vermutet wird, lässt sich zu Gold machen. Anlässlich seines Todestags bringen Hip Hop-Magazine ganze Sonderausgaben heraus, die verkaufen sich auch nicht schlecht.

Das beste aber ist nun, dass es jetzt auch noch ein Klamottenlabel »Makaveli« geben wird, für dessen Image der tote Rapper herhalten muss. Das hat schon etwas ziemlich Morbides. Sich wie ein vor zehn Jahren verstorbener Rapper anziehen, wer will denn schon so etwas? Wahrscheinlich so einige. (aha)

Spanien total locker

»Rothenburg«. Der Film »Rothenburg«, der den bizarren Kannibalenmord in Rothenburg aufgreift, und der vom realen Täter Armin Meiwes unter Berufung auf dessen Persönlichkeitsrechte in Deutsch­land verboten wurde, entwickelt sich erstaunlicherweise trotz der Hürden doch noch zum Erfolgsfilm. Zumindest in Spanien. Dort wurde der Film nun beim Internationalen Filmvestival Kataloniens in Sitges ausgezeichnet. Preise bekamen der Regisseur des Films und die beiden Hauptdarsteller. Noch in diesem Jahr soll der Streifen außerdem offiziell in den spanischen Kinos anlaufen. (aha)

Bei Anruf Stuss

Jürgen Fliege. Von dem ehemaligen Fernsehpfarrer hat man schon länger nichts mehr gehört. Wirklich vermisst wurde er freilich auch nicht. Dennoch meldet er sich nun wieder zurück. Und zwar als Therapeut bei dem neuen Digitalknanal Help TV. Dort kann man 24 Stunden am Tag anrufen, wenn man irgendwelche Probleme hat, sei es gesundheitlicher Art, in Liebesdingen oder weil der Hund von Flöhen geplagt wird. Für üppige Telefongebüren kann man sich dann von bei dem Sender angestellten Ärzten, Anwälten und anderen Fachkräften beraten lassen. Oder eben vom Fernsehprofi Fliege. Nach Sternstunden des Fernsehens klingt das alles nicht. (aha)

Der Abstieg

Robbie Williams. Was ist eigentlich los mit dem bis vor kurzem noch als begnadetster Entertainer der Welt gehandelten Robbie Williams? Im mehrseitigen Spiegel-Interview gab er vor kurzem beinahe nur Erschreckendes von sich. Der Mann hinterließ den Eindruck, wirklich depressiv und schrecklich alleine zu sein. Nach Lesen des Gesprächs hatte man ernsthaft das Bedürfnis, dem Sänger ein paar aufmunternde Grüße bestellen zu lassen. Außerdem wirkte er auf den Fotos ziemlich pummelig. Gut, dass Robbie Williams zu Schwimmringen neige, davon war immer wieder gerne mal die Rede, doch wirklich schlimm stand es um ihn eigentlich nie. Jetzt anscheinend schon. Man sieht es also bereits: Robbie Williams wird doch so langsam alt.

Überhaupt könnte alles besser laufen. Den Titel »erfolgreichster Künstler, der je eine Boygroup überlebt hat«, scheint er langsam, aber sicher an seinen jüngeren Kollegen Justin Timberlake abgeben zu müssen. Das schlimmste daran ist: Timberlake hat nicht nur mehr Erfolg als Williams und gibt auch die besseren Interviews, er hat auch eine Freundin.

Und die bessere Platte als Robbie hat er auch gemacht. Timber­lakes Zweitwerk, das weltweit immens erfolgreich ist, hat einen immens cleveren Sound und Spitzenbeats vom Produzenten-Schwergewicht Timbaland, alles passt hier. Und was macht Robbie auf seinem eben erschienenen neuen Album »Rudebox«? Er scheint es seinem Konkurrenten nachmachen zu wollen. Auch Robbie Williams kommt nun mit Computersounds daher, macht nicht mehr den Schmu­se­jungen, sondern rappt auch schon mal, wenn es sein muss. Aber will das jemand haben? Einen rappenden Robbie Williams? Eine superraffinierte Cyberpop-Platte von dem Kerl mit dem Hundeblick? Eher nicht. Robbie Williams, das ist sicher, wird den Wettbewerb mit Justin Timberlake verlieren. Timberlake, das hat die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erst vor kurzem behauptet, gilt inzwischen weltweit als »Style-Ikone«, Williams vor allem als Fall für den Psychiater. (aha)