Braune EU-Fraktion

Rechtsextreme Parteien planen den Zusammenschluss im Europa-Parlament von bernhard schmid

»Bolkestein ist zurück«, lautet die Überschrift vor dem Hintergrund eines monsterähnlichen grünen Riesengesichts, das einige typische Pariser Häusersilhouetten überragt. Das ungesund wirkende Antlitz gehört dem früheren niederländischen EU-Kommissar Frits Bolkestein. Die Titelseite der Publikation Reconquête sociale (»Soziale Rückeroberung«), herausgegeben von einem Europa-Parlamentarier des Front National (FN), Carl Lang, datiert zwar schon vom Frühjahr, wurde aber noch am Wochenende am Stand der »Koordination der europäischen Rechten« ausgelegt. Im Namen eines »Europa der Vaterländer« arbeiten derzeit rechtsextreme europäische Parteien an der Bildung einer gemeinsamen Fraktion im Europa-Parlament. Der Stand steht beim »Präsidentschaftskonvent« des FN in der Pariser Vorstadt Le Bourget, wo am Sonntagnachmittag 4 000 bis 5 000 Personen der Kampfrede des Parteiführers Jean-Marie Le Pen zuhören.

Die Bolkestein-Direktive, so erklärt es das sozialdemagogische Blättchen von Carl Lang, sei nur eine letzte Konsequenz aus dem, was bereits seit 1957 schief laufe. Der damalige Abgeordnete Le Pen hatte seinerzeit gegen den Gründungsvertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft votiert, obwohl er nicht gegen supranationale Zusammenschlüsse per se war, sondern damals etwa die Nato explizit befürwortete. Heutzutage ist die Haltung der Rechtsextremen zur Blockbildung im Rahmen der EU zwiespältig. Einerseits lehnen sie die Union in ihrer derzeitigen Form ab, da sie nicht auf der Souveränität der Nationalstaaten fuße, sondern auf dem supranationalen Organisationsprinzip und dem freien Personenverkehr. Andererseits halten sie einen europäischen Zusammenschluss zur »Selbstbehauptung« des Kontinents doch für nötig.

Zum ersten Mal versuchten die europäischen rechtsextremen Parteien im Jahr 1989, sich zusammenzuschließen. Neben dem französischen FN waren auch die deutschen Republikaner (Rep) und die italienischen Neofaschisten des MSI ins Europa-Parlament eingezogen. Die drei Parteien gründeten, zusammen mit einem Anhänger der griechischen Obristen, eine gemeinsame Fraktion. Doch nach wenigen Monaten brachen schwere Konflikte aus. Die Reps beharrten auf dem deutschen Charakter Südtirols, die Vertreter des MSI auf dem italienischen des Alto Adige. 1994 flogen die Reps dann bei der Neuwahl des Europa-Parlaments vor die Tür.

Jetzt hat die Stunde für einen neuen Zusammenschluss geschlagen. Am 1. Januar 2007 ziehen nunmehr auch die Vertreter Rumäniens und Bulgariens als gleichberechtigte Abgeordnete in das Europa-Parlament ein. Unter ihnen sind auch starke rechtsextreme Fraktionen, vor allem nach dem jüngsten Wahltriumph der ultranationalistischen Partei Atakia in Bulgarien. Die bisher im Parlament sitzenden rechtsextremen Parteien wollen nicht nur die bulgarischen Ultranationalisten und die Großrumänien-Partei zu den Ihren zählen. Sie wollen ihre Integration nutzen, um eine gemeinsame Fraktion zu bilden.

Am Wochenende waren die Rechtsextremen aus mehreren Ländern beim Spektakel des FN in Le Bourget vertreten: die Franco-Anhänger der Alternativa Espanola, die österreichische FPÖ, der Vlaams Belang aus Belgien, die British National Party und die Mussolini-nostalgische Fiamma Tricolore. Etwas abseits, unter einem einfachen Sonnenschirm, war der Stand der deutschen NPD.