192 Millionen gegen Rechts

Für viele Projekte gegen Rechtsextremismus läuft die Förderung aus. Was haben sie bewirkt? Wie sieht ihre tägliche Arbeit aus? Und wie geht es weiter? daniel steinmaier hat einige Projekte in Berlin und Brandenburg besucht

Wenn jemand nimmermüde von »innovativen Impulsen«, »nach­haltigen Prozessen« und, na klar, »Netzwerken« redet, drängt sich der Verdacht auf, dass er von einer gewissen Hilf­losig­keit geplagt ist, die er durch dieses Ver­nebelungsvokabular zu kaschieren sucht. Auch das Bundes­programm »Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus« hat seit seinem Beginn im Jahr 2001 mit etlichen Bro­schü­ren und Projekt­darstellungen ein dichtes Netz aus Netzwerken gesponnen. Dabei ist nicht immer ersichtlich, was beim staatlich finanzierten Kampf gegen Rechtsextremis­mus eigentlich passiert.

Was kann Lonsdale dafür?

Im Gottfried-Keller-Gymnasium in Berlin-Charlottenburg etwa passiert an diesem Mittwoch im Oktober folgendes: Der Leistungskurs Politik brütet über einem Haufen Kärtchen mit allerlei Symbolen, Uten­silien und Fotografien, die Ann-Sofie Susen von der »Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus – Ostkreuz« mitgebracht hat. Manche Karten lassen sich mühelos in die Kategorien »rechts­extrem« oder »nicht rechtsextrem« einordnen, so etwa das Logo der NPD, bei anderen besteht Diskussionsbedarf. »Mann, was kann Lonsdale dafür, wenn das Nazis tragen? Das ist nur eine Marke«, meint Orhan, aber andere halten dagegen.

Manche Schüler können auch kompliziertere Symbole zuordnen. So erklärt Aydin, was es mit der Karte auf sich hat, auf der eine israelische Fahne die Sterne im amerikanischen Sternenbanner ersetzt. »Die meinen, dass Amerika von den Juden beherrscht wird.« Doch nicht alles ist bekannt, so hört selbst die Lehrerin zum ersten Mal davon, dass Neonazis neuerdings gerne Che-Guevara-T-Shirts und Palästinen­ser­tücher tragen.

Die Schüler, die fast alle aus Einwandererfamilien stammen, wirken nicht so, als müsste man ihnen rechtsextremes oder antisemitisches Gedankengut austreiben. An Schüler, die bereits in die rechtsextremen Szene involviert seien, komme man ohnehin nur schwer heran, erzählt Susen. »Aber wir können diejenigen stärken, die sich gegen Rechtsextremismus wehren.« Und darum geht es auch hier.

Nachdem nun alle wissen, was ein Thor-Hammer ist und dass »Z.O.G.« für »Zionist occupied Government« steht, muss sich die Klasse noch Musik anhören. »Sie besitzen unsere Wirt­schaft und kaufen unsere Seelen«, grölt die Band »Faustrecht« aus dem Ghetto­blaster. Dass mit »sie« die Juden gemeint sind, verstehen einige sofort. »Ich hab’ mir die Nazimusik anders vorgestellt«, meint Orhan, »eher gegen Ausländer gerichtet.« Doch die Musik sei klüger gemacht, als er gedacht habe. Eine wirkliche Diskussion kommt aber nicht auf, dafür ist die Zeit auch zu kurz bemessen.

Bier oder Schnaps

Dass bereits oberflächliche Kenntnis­se über rechtsextreme Symbolik hilfreich sein könnten, verdeutlicht ein anderes Beispiel aus der Arbeit gegen Rechtsextremismus: Im Amtsgericht Cottbus sitzen Thomas W. und Mike U. auf der Anklagebank, weil sie in einem Bus zwei Asylbewerber angegriffen haben sollen. Mike U. gibt sich geständig. »Ich bin in den Bus und hab’ dann dem Schwarzen einen Tritt verpasst.« Warum er zugetreten habe, könne er sich selbst nicht recht erklären. »Ja, vielleicht so aus Reflex irgendwie.«

Auch beim anderen Angeklagten, Tho­mas W., der mit frisch polierter Glatze, streng gezupften Augenbrauen und diversen Szenekennzeichen auftaucht und wegen ähnlichen und brutaleren Fällen vorbestraft ist, bleibt der Richter beim gutmütig-väterlichen Tonfall. Der Neonazi beteuert, er habe nur schützend die Hände vors Gesicht gehalten. »Da hat er vielleicht mit seiner Lippe meine Faust berührt.« Ein Zufall soll es auch gewesen sein, dass bei­de Angeklagten im selben Bus saßen, ebenso zufällig seien ein paar weitere »Kollegen« anwesend gewesen, die als Zeugen geladen sind. »Braun is beautiful« hat einer von ihnen auf den Hals tätowiert. Dennoch scheint sich der Richter kaum dafür zu interessieren, dass er es mit Neonazis zu tun hat. Viel mehr beschäftigt ihn die Frage, ob die Ange­klagten nur Bier oder auch Schnaps getrunken haben.

Dass der politische Hintergrund überhaupt angesprochen wird, ist dem Verein »Opferperspektive Brandenburg« zu verdanken, der den beiden Opfern Rechtsbeistand vermittelt hat. Dadurch konnten sie als Nebenkläger auftreten. Ihre Anwältinnen versuchen, auf die rassistischen Motive der Täter hinzuweisen. Als eine von ihnen Thomas W. dazu auffordert zu erklären, was der Zahlen- und Buchstabencode bedeute, den er auf die Faust tätowiert habe, fällt der Staats­anwalt dem Angeklagten scheinbar aus Versehen ins Wort und verhindert dessen Aussage. Als die Anwältin nachfragt, protestiert der Richter: »Was hat das jetzt mit der Tat zu tun? Ich bitte Sie, ich will das hier schnell durchziehen.« Die Stimmung der Angeklagten wird sichtlich besser.

»Da wird überall öffentlich beteuert, man müsse unbedingt etwas gegen Rechtsex­tre­mismus tun. Dort, wo man etwas tun könn­te, tut man dann nichts«, kommentiert Tanja Schubert*, eine Mitarbeiterin der »Opferperspektive«. Dabei sei es juristisch durchaus möglich, den rechtsextremen Hintergrund einer Tat zu berücksichtigen. »Die Landgerichte sind oft weiter. Da werden bei rechtsextrem motivierten Taten mittlerweile empfindlich hohe Haftstrafen verhängt.«

Dennoch ist es keineswegs selbstverständ­lich, dass rechtsextreme Schläger sich überhaupt vor Gericht verantworten müssen. Aus Angst vor Racheakten würden viele Opfer erst gar keine Anzeige erstatten, berichtet Schubert. Auch würden sich die Opfer rechts­extremer Gewalt nur selten von sich aus an die Beratungsstelle wenden. »Den wenigsten ist bekannt, dass es uns gibt.« Deshalb geht die Initiative auf Geschädigte zu. »Sonst gibt es oft niemanden, der sich nach einem Übergriff über die Opfer Gedanken macht.«

Zeitstrahlen für Achtklässler

Neben der Opferberatung und den mobilen Beratungsangeboten wird die Fortbildung von »Multiplikatoren« vom Bundesprogramm gefördert. In einem Tagungszentrum am Berliner Wannsee führt die Initiative »Bildungs­bausteine gegen Antisemitismus« am letzten Wochenende im Oktober eine Fortbildung für Pädagogen durch. Das Programm des Seminars ist umfangreich, für einen Spaziergang am See bleibt keine Zeit. Schließlich geht es nicht nur um die Geschichte des Antisemitismus, den Nahost-Konflikt, dessen mediale Ver­mittlung und aktuellen Antisemitismus in Berlin. Auf der Tagesordnung stehen zudem Methoden, wie man eine achte Klasse dazu bringt, antisemitische Stereotype als solche wahrzunehmen.

Auf dem Boden ist ein Zeitstrahl mit Ereignissen aus der Geschichte des Staa­tes Israel dargestellt. Jeder Teilnehmer soll zu einem bestimmten Ereignis ein kleines Input vorbereiten. »Die Methode mit dem Zeitstrahl finde ich nicht verkehrt, aber das war schon wieder so viel«, meint eine Teilnehmerin. »Wenn man das mit einer Schulklasse macht, müsste man sicher etwas weglassen.« Fraglich sei aber, was man weglassen könnte. Schließlich mache die Wahl der Fakten die Geschichte aus. »Und ich finde die Darstellung so schon recht israelfreundlich«, fügt sie an. Neben dem pädagogischen Nutzen der didaktischen Methode muss immer wieder über Inhal­te diskutiert werden. Das macht die Sache nicht einfacher, zumal die Teilnehmer mit unterschiedlichem Vorwissen und unterschiedlichen Erwartungen angereist sind. Aber sie haben eine Menge Wissen und Methoden mitbekommen. Ein erholsames Wochenende auf Staatskosten war das wohl nicht. Am Ende sind alle sichtlich erschöpft.

Genug angeregt

Einrichtungen wie die »Mobile Beratung Ostkreuz«, »Opferperspektive« und »Bildungsbausteine gegen Antisemitismus« sind drei von 4 500 Projekten, die in den vergangenen fünf Jahren von der Bundesregierung gefördert wurden. 192 Millionen Euro ließ sich der Staat dies bisher kosten. Zum Jahresende aber laufen die Programme des Bundes mit den Namen »Entimon«, »Civitas« und »Xenos«, bei denen sich einzelne Projekte um För­dermittel bewerben konnten, aus. Aus Rücksicht auf föderalistische Prinzipien dürfen innenpolitische Programme der Bundesregierung nur eine »Anregungsfunktion« haben.

Da das Problem Rechtsextremismus offensichtlich weiter besteht, wird das alte Programm »Jugend für Toleranz und Demokratie« durch das neue Programm »Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie« ersetzt. Das klingt nicht gerade nach einem immensen Unterschied. Dennoch verspricht das zuständige Bundes­ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das neue Programm werde »effektiver« sein.

Auch dieses soll nur Modellprojekte fördern, die der »Anregungsfunktion« gerecht werden. Deshalb nehmen sich die Selbstdarstellungen mancher Projekte so wortgewandt wie nichtssagend aus. Die Träger sind dazu gezwungen, ihre Projekte immer wieder zu verändern oder zumindest die Selbstdarstellungen möglichst »modellhaft« zu formulieren. Denn den Ländern und Kommunen, die die Projekte dauerhaft unterstützen könnten, fehlt es oft am Problembewusstsein oder an den nötigen Mitteln. Projekten, die erfolgreich laufen, sich aber kaum neu erfinden lassen, droht das Ende.

Unter dem Eindruck der jüngsten Wahl­erfol­ge der NPD beschloss der Bundestag immerhin, die anfänglich vorgesehene jährliche Summe in Höhe von 19 Millionen Euro um fünf Milionen Euro zu erhöhen, um die Opferberatung und die mobilen Beratungsteams zu erhalten. Dennoch sei unvermeidbar, dass viele Projekte nicht weitergefördert werden, meint Hermann Kues, der Staatssekretär des Bundesjugendministeriums. »Wir können nicht 4 500 Projekte weiter finanzieren, und alle Beteiligten wussten das auch von Anfang an«, sagte er auf der Ergebniskonferenz des alten Bundesprogramms in der vorigen Woche in Berlin. Der Kampf gegen Rechtsextremismus könne auch nicht von der Bundesregierung alleine geführt werden.

»Wir stehen ja nicht mit dem Bus auf dem Marktplatz, sondern beraten gezielt die Kommunen, was sie im Kampf gegen Rechtsextremismus unternehmen können«, sagt Veysel Tunç*, ein Mitarbeiter einer anderen »Mobilen Beratung«. Mit kommunalen Verwaltungen aber treffe man sich am besten hinter verschlos­senen Türen. »Meistens müssen wir erst für das nötige Problembewusstsein sorgen. Und das braucht vor allem Vertrauen.« Um ihre laufenden Beratungen nicht zu gefährden, halten sich viele Mitarbeiter mit öffentlichen Äußerungen zurück, viele wollen nicht namentlich genannt werden. Auch bei Kommentaren zum Bundesprogramm zeigen sich die meisten reser­viert. Für die mobilen Beratungsstellen besteht schließlich die Hoffnung, von den fünf Millionen Euro etwas abzubekommen.

Im Gegensatz dazu scheinen die so genannten Netzwerkstellen nicht mehr weiter finanziert zu werden. Anders als der Name nahe legt, die­nen sie nicht der Vernetzung der Pojekte unter­einander, was ohnehin kaum nötig wäre, weil sich viele Mitarbeiter dieser Einrichtungen noch aus gemeinsamen Zeiten bei der Antifa kennen. Die Aufgabe der »Netzwerkstellen« besteht vielmehr darin, mit Bürgervereinen, Kirchengemeinden, politischen Initiativen oder Jugend­einrichtungen zusammenzuarbeiten und den Kontakt zu den örtlichen Behörden zu halten. Im Idealfall gewährleistet eine »Netzwerkstelle«, dass die Jugendinitiative, die etwas gegen den Nazitreff am S-Bahnhof unternehmen will, über sie den Bürgermeister erreicht, der das Problem zuvor ignoriert hat. Vielleicht kommt dabei eine antirassistische Graffiti­aktion an der Haltestelle he­raus oder ein interkulturelles Straßenfest, und wahrscheinlich ist das besser als nichts.

Prädikat engagiert

Zumindest für ein weiteres Jahr wird »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage« weiter gefördert. Dieses Projekt verleiht den gleichnamigen Titel an Schulen, deren Schü­ler sich gegen alle Formen von Diskri­minierung einsetzen. Am »Integra­tions­tag«, einem Donnerstag Mitte Oktober, präsentieren Berliner Schüler ihre Projekte, die sie mit Hilfe die­ser Organisation durchgeführt haben. Die Moderatorin ruft eine AG nach der anderen auf, und alle haben etwas anderes zu berichten. Die einen erzählen von einem Austausch mit tsche­chischen Schülern, in deren Herkunfts­stadt einst deutsche Truppen ein Mas­saker verübt haben. Andere zeigen auf der Bühne, was sie bei ihrer Ausbildung als »Streitschlichter« gelernt haben, wobei es fast so turbulent zugeht wie auf dem echten Pausenhof. Sogar eine Grundschulklasse ist dabei, und alle Schüler scheinen stolz auf ihre Arbeit zu sein.

»Natürlich heißt ›Schule ohne Rassismus‹ nicht, dass es an den betreffen­den Schulen keinen Rassismus gibt«, sagt Birgit Funke von »SOR-SMC«, wie sich der Verein abkürzt. »Der Titel bedeutet vielmehr, dass an diesen Schulen Rassismus nicht hingenommen wird.« Als jüngst die Albert-Schweitzer-Oberschule im brandenburgischen Hennigsdorf – auch sie als »Schule ohne Rassismus« ausgezeichnet – ihr neues Gebäude am Wald­rand bezog, waren am nächsten Morgen alle Wände mit rechtsextremen Parolen beschmiert. Um klar zu machen, dass sie keine rechtsextremen Schmierereien tolerieren, haben die Schüler viele Unterschriften gesammelt, berichtet die Schulleiterin Sybille Kutschke-Stange. »Überhaupt wissen die hier, dass wir ihnen nichts durchgehen lassen.« Sie wirkt recht resolut, was in einer, wie sie sagt, »Brenn­punkt­schule« wohl auch nötig ist. Deshalb arbeite die Schule inzwischen auch als Ganztagsschule. »Bei den meisten Schü­lern passiert daheim nichts, was der Erziehung förderlich wäre. Wenn die bei uns ankommen, sind sie oft ganz schön dumpf«, meint die Rektorin und fügt schnell schmunzelnd an: »Aber wir mögen sie natürlich trotzdem.«

Ostern mit Asylbewerbern

Freilich sind sich nicht alle darüber einig, welche pädagogischen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus helfen können. »Manche Projekte ha­ben tolle Titel, aber es ist nichts dahinter«, meint die Mitarbeiterin einer »Netzwerkstelle«. Die einen halten die »Osterfeier mit Asylbewerbern« für kein geeignetes Mittel im Kampf gegen Rechtsextremismus, die anderen mögen vielleicht keine Graffitis. Die verschiedenen Methoden der Projekte, die im Rahmen von »Civitas«, »Entimon« und »Xenos« gefördert werden, werden zwar emsig evaluiert, doch der Erfolg eines antirassistischen Zirkusprojekts für Jugendliche lässt sich kaum an der Zahl der örtlichen NPD-Wähler messen.

Doch mit der Diskussion über die richtigen Methoden ist es ohnehin bald vorbei. Timo Reinfrank von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die in Zusammenarbeit mit »Civitas« viele Projekte gegen Rechtsextremismus fördert, hält das neue Bundesprogramm für problematisch: »Der Fokus ist kaum noch auf die Zivilgesellschaft ausgerichtet.« Während im alten Programm noch Bürgerinitiativen und freie Träger Förderanträge stellen konnten, werden in Zukunft vor allem die Kommunen Anträge stellen können. So ist zu befürchten, dass über Sinn und Unsinn demokratiefördernder Maßnahmen verstärkt von oben entschieden wird.

Der Bürgermeister, der mit den Kameradschaftsjungs zum Angeln geht, wird in seiner Kommune auch kein Projekt gegen Rechtsextremismus ins Leben rufen. Und viele Mitarbeiter von »Mobilen Beratungsteams« und »Netzwerkstellen« haben die Erfahrung gemacht, dass die Kommunen oft eher Teil des Problems sind als Teil der Lösung. Nun sieht Reinfrank die Gefahr, dass Kommunen mit den Projektfördermitteln des Bundes ihren Finanzhaushalt auszugleichen versuchen. Güns­tigenfalls bekomme der ört­liche Tisch­tennisverein einen neuen Titel, in dem irgendwie das Wort »Zivilgesellschaft« enthalten sei.

»Die suchen sich ihre Zivilgesellschaft von oben aus«, schimpft Bernd Wagner von der Initiative »Exit«. Das Aussteigerprogramm für Neonazis gehört zu den Projekten, die vom neuen Förderungskonzept nicht mehr berücksichtigt werden. Da­bei lässt sich der Erfolg dieser Initiative schon an den Reaktionen der rechtsextremen Szene messen. Kaum eines der vom Bund geförderten Projekte ist bei Neonazis so verhasst wie dieses. »Wenn ›Exit‹ öffentliche Informationsveranstaltungen anbot, kam es vor, das 15 Kader der NPD im Publikum saßen, um Druck auf die ›Ver­räter‹ auszuüben«, berichtet Wagner. »Ziel ist bei uns, die nicht einfach rauszuwerfen. Es kommt darauf an, in der Diskussion vor Ort zu zeigen, wie sich deren Argumentationsfelder perforieren lassen.«

Dass die Politik nicht dazu bereit sei, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Kampf gegen Rechtsextremismus eine dauerhafte Unterstützung des Bun­des sichern, zeige, dass man das Problem nicht wirklich wichtig nehme. »Zwar versuchen die Rechtsextremen, vor allem Jugendliche zu erreichen. Das Problem Rechts­extremismus betrifft aber alle Altersgruppen der Gesellschaft. Warum muss dann das Jugendgesetz rechtliche Grundlage der Projekte sein?« fragt Wagner. Er ist der Ansicht, dass das Grundgesetz als unmittelbar geltendes Recht die Basis der Programme sein müsste. »Damit wäre der Kampf gegen Rechtsextremismus Sache des Kanzleramts. Aber so hoch möchte man das Problem eben nicht hängen.«

* Name von der Redaktion geändert