Willkürherrschaft an der TU

Die Technische Universität Berlin hat neuerdings einen rechten Asta. Der Machtwechsel hat gravierende Auswirkungen auf die studentische Selbstorganisation. von arne norden

Der letzte Berliner Asta-Vorsitzende aus den Reihen des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) hieß Eberhard Diepgen. Das war im Jahr 1963, und bereits nach zwei Wochen wurde Diepgen wegen der Mitgliedschaft in einer Burschenschaft wieder abgewählt. In Gießen trat in der vorigen Woche der gesamte Vorstand des RCDS wegen eines ähnlichen Falls zurück.

An der Technischen Universität Berlin (TU) sitzt mit Sebastian Breilmann schon seit vorigem Jahr ein Mitglied einer schlagenden Verbindung für den RCDS im Studierendenparlament. Geschadet hat das dem konservativen Studentenverbund keineswegs. Am 1. November wählte das Studierendenparlament die Rechten in den Asta. Bei den Wahlen im Sommer hatte ein Bündnis aus dem RCDS und so genannten Unabhängigen Listen überraschend die Mehrheit im Parlament erhalten. Eine geringe Wahlbeteiligung und ein auf wenige Schlagworte begrenzter Wahlkampf der Konservativen (»Mittelverschwendung«) verdrängten das »Breite Linke Bündnis«, das seit Jahren den Asta stellte.

Neun der zehn Asta-Referenten gehören der Koalition an, die vom neuen Vorsitzenden Gottfried Ludewig (RCDS) angeführt wird. Sein Stellvertreter, Andreas Seeringer von den Unabhängigen Listen, ist selbst Mitglied des RCDS, der »Unabhängige« Gerrit Senger ist in der Zehlendorfer CDU. Die einzige Frau im neuen Asta, Isabelle Butz, die über eine als »Frauenliste« ausgewiesene Gruppierung gewählt wurde, war stellvertretende Bundesvorsitzende des RCDS. Auch bei den »Grünen Alternativen StudentInnen« handelt es sich um eine Tarnliste der Konservativen.

Erste Konsequenzen des Machtwechsels sind bereits spürbar. So besetzte die RCDS-Mehrheit die der Satzung nach autonomen Referate für Frauen, AusländerInnen und soziale Minderheiten/Queer aus den eigenen Reihen. Die Referate für Kultur- und Gesellschaftskritik und für Wissenschafts- und Technikkritik will der RCDS »positiv ausrichten«: »Unsere Aufgabe kann es nicht sein, (...) nur Fehlentwicklungen aufzuzeigen, (...) wir müssen darüber hinaus Lösungen entwickeln«, heißt es in einer Presseerklärung.

Martin Mallwitz vom »Breiten Linken Bündnis«, der überraschend zum Finanzreferenten gewählt wurde – der RCDS spricht von einem »Betriebsunfall« – beschreibt die Zusammenarbeit als sehr förmlich. Die Arbeitsatmosphäre sei angespannt, zumal die Beschäftigten des Asta um ihre Stellen fürchten, sollte der RCDS seinen Wahlkampfparolen Taten folgen lassen. Danach wäre bald Schluss mit der »Verschwendung der Beiträge der Studenten«, und der Anteil an den Semestergebühren, der für den Asta vorgesehen ist, würde von 7,10 Euro pro Semester auf fünf Euro reduziert.

Ein Mitglied der Antifa TU geht davon aus, dass der RCDS versuchen werde, »studentische Selbstverwaltung und linke Strukturen zu zerschlagen«. Mit der angedrohten Schließung der Asta-eigenen Druckerei, wo eine Vielzahl von studentischen Publikationen zu den Themen Bildung, Politik, Antirassismus und Antifaschismus gedruckt wird, würde ein wichtiger Teil studentischer Infrastruktur verloren gehen. Die fünf Mitarbeiter haben von den Verkaufsplänen offiziell noch nichts erfahren, obwohl die neuen Asta-Referenten täglich Inspektionsrundgänge machen, um die Druckwerke zu begutachten.

Auf Sitzungen des Asta wird mittlerweile abgestimmt, wo zuvor nach einem Konsens gesucht wurde. Finanzanträgen stehen die neun Konservativen reserviert gegenüber. Interessierte aus den Fachschaftsinitiativen haben weiter Zugang, aber kein Mitspracherecht mehr. Im Studierendenparlament unterbindet die konservative Sitzungsleitung kritische Nachfragen an die neuen Referenten per Mehrheitsvotum. Und was die Universitätsgremien angeht, befürchten Mitglieder des »Breiten Linken Bündnisses«, dass die Devise des neuen Asta, den »Kleinkrieg« beenden zu wollen, vor allem zur Aufgabe studentischer Forderungen führen könnte.