Beim Barte des Propheten

Renommierte Wissenschaftler, bekannte Islamisten und Vertreter der iranischen Botschaft treffen sich am Samstag zu einem Symposium in der Berliner Urania. von udo wolter

Kultur« ist, zumal in Deutschland, das Zauberwort, mit dem sich fast jede Art von Ide­o­­­­­­logie und Propaganda an den Mann beziehungsweise an die Frau bringen lässt. Besonders gut gelingt das, wenn das K-Wort in einem Bouquet zusammen mit den Begriffen »Dialog« und »Islam« präsentiert wird.

Das weiß man auch in der Kulturabteilung der Botschaft des iranischen Islamistenregimes in Berlin. Der dort beschäftigte Kulturrat Homayoun Hemmati hat die Ehre, am kommenden Samstag in der Berliner Urania ein »Symposium zum Jahr des Propheten Muhammed« unter dem Titel »Der Prophet Muhammed – Sein Verhalten, sein Charakter« zu eröffnen. Ganz zufällig findet die Veranstaltung nur wenige Tage nach einem vom iranischen Präsidenten und notorischen Holocaust-Leugner Mahmoud Ahmadinejad initiierten Spektakel, der so genannten Holocaust-Konferenz in Teheran, statt.

Dort geben sich in diesen Tagen Negationisten aus aller Herren Länder ein Stelldichein, um nach dem Programm des veranstaltenden »Institute for Political and International Studies« Themen wie »Holocaust: Western Media & Propagandas«, »Gas Chambers: Denial or Confirmation« und vor allem »Holocaust and Carnage of Palestinians« zu erörtern.

Als Kontaktperson der Kulturabteilung der iranischen Botschaft für das Symposium in der Urania fungiert Yakup Kilic, der unter anderem als Moderator auf der Berliner Demonstration gegen die in Dänemark erschienenen Karikaturen des Propheten Mohammed in Erscheinung trat. Im Jahr 2005 war er Hauptredner der Berliner Islamistendemonstration zum Al-Quds-Tag, dem von Ayatollah Khomeini ins Leben gerufenen anti-israelischen Kampftag des iranischen Regimes.

Aber auch die Liste der Referenten verdient Beachtung. Auf einem Podium sitzen soll eine islamische Theologin und »Referentin für den interreligiösen Dialog«, Hamideh Mohagheghi. Sie ist nicht nur, wie im Programm an­gegeben, Gründungsmitglied des islamischen Frauenvereins HUDA, sondern auch Vorsitzende der von der Bundeszentrale für politische Bildung mitgegründeten und finanzierten Muslimischen Akademie.

Die Bundeszentrale hielt am Montag in Berlin in explizitem Widerspruch zur Teheraner Konferenz der Holocaustleugner eine eigene prominent besetzte Konferenz zum Thema »Der Holocaust im Transnationalen Gedächtnis« ab. Ob dort bekannt ist, dass die Vorsitzende einer von ihr geförderten Institution auch bei Veranstaltungen der Kulturabteilung der Botschaft jenes Staats mitmischt, der die negationistische Konferenz in Teheran ausrichtet?

Mit Yavuz Özoguz wird ein weiterer prominenter Teilnehmer der Berliner Al-Quds-Demonstrationen bei der Veranstaltung in der Urania anwesend sein. Er ist vor allem als Betreiber des islamistischen Internet-Portals »Muslim-Markt« zu zweifelhaftem Ruhm gelangt, was aber auf dem Flyer der Veranstaltung nicht erwähnt wird. Dort firmiert er als Vorsitzender des Vereins »Islamischer Weg e.V.« – ebenfalls für seine Beteiligung bei der Organisation der Demonstrationen zum Al-Quds-Tag bekannt – und »Gründer der internetbasierten ›Enzyklopädie des Islam‹«. Das klingt ja auch viel besser als »Muslim-Markt«, schließlich möchte Özoguz über ein so erhabenes Thema wie »Faszination Muhammed – Mensch des Ideals und idealer Mensch« referieren.

Der »Muslim-Markt« bietet in seinem Newsletter übrigens auch »Islamischen Tourismus« einer Orient-Okzident-Gesellschaft für Kulturaustausch GmbH mit Sitz in Berlin an. Beworben werden etwa eine »spirituelle Pilgerreise nach Maschad und Ghom« oder eine »politische Reise nach Iran« mit hochoffiziellen Treffen und Besuchen staatlicher Gedenkstätten für Khomeini und andere Größen der islamistischen Diktatur.

Der Geschäftsführer der Orient-Okzident Gesellschaft ist Bahman Berenjian, der wiederum für eine besondere Form des Kulturaustausches steht. Nach Auskunft des Verfassungsschutzes im Prozess gegen die Drahtzieher des Attentats auf kurdisch-iranische Oppositionelle in der Berliner Gaststätte »Mykonos« im Jahr 1992 war das langjährige Führungsmitglied des regimetreuen Islamischen Studentenvereins U.I.S.A in den neunziger Jahren auch Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes Vevak und enger Kontaktmann von Kazem Darabi, der als Anführer der Attentäter gilt und 1997 wegen vierfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Das Terrorteam um Darabi soll bei der Vorbereitung eines früheren tödlichen Überfalls auf oppositionelle iranische Studenten in einem Mainzer Studentenheim gar zeitweise in einem Haus untergekommen sein, das Berenjian gehörte.

Die geplante Veranstaltung wäre keine runde Sache, würden nicht noch ein paar nichtmuslimische Theologen (gern auch Theologinnen), vor allem aber deutsche Islamwissenschaftler dem Ganzen das richtige Flair von Dialog und Multi-Kulti verpassen. So lud man den renommierten Professor für Islamwissenschaft des nicht-arabischen Raumes an der Humboldt-Universität zu Berlin, Peter Heine, aufs Podium. Der wackere Professor, der nicht davor zurückschreckte, dem »Muslim-Markt« von Özoguz im August ein Interview zu gewähren, scheint offenbar auch keine Bedenken zu haben, sich für eine Veranstaltung zur Verfügung zu stellen, die vor allem der iranischen Staatspropaganda dienen dürfte.

Kurz: Ein renommierter Professor der Humboldt-Universität und die Vorsitzende einer von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Institution des islamisch-deutschen Kulturaustausches setzen sich mit einem Menschen auf ein Podium, der Werbung für die Reisegeschäfte eines zumindest ehemaligen Agenten der islamischen Republik macht, welcher in den achtziger und neunziger Jahren tief in den damaligen Staatsterror gegen die iranische Auslandsopposition verstrickt war. Ein schöner Kulturaustausch!

Der Direktor der Urania, Ulrich Bleyer, bekannte im Gespräch mit der Jungle World freimütig sein Unbehagen angesichts der Teilnehmer und Organisatoren des Symposiums zu Ehren Mohammeds. Nur habe man leider keine Handhabe, die Räumlichkeiten bestimmten Anmietern zu verweigern, solange diese keine eindeutig rechtswidrigen Inhalte verbreiteten.