Ahmed geht, Ahmed kommt

Nach wochenlangen Unruhen ist die Übergangsregierung Bangladeshs zurückgetreten. Der Konflikt ­zwischen den beiden größten Parteien erzwang eine Verschiebung der Wahlen. von christoph s. sprung

Es war noch nie einfach, in Bangladesh Wahlen zu organisieren. Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten konkurrieren die von Khaleda Zia geführte Bangladesh Nationalist Party (BNP) und die Bangladesh Awami League (BAL) unter Sheikh Hasina Wajid um die Macht, nicht selten liefern sich die Anhänger beider Parteien Straßenschlachten. Durchaus zu Recht geht die jeweilige Opposi­tion davon aus, dass die Regierungspartei die Wahlen manipulieren will. Deshalb wird drei Monate vor den Wahlen eine Übergangsregierung eingesetzt.

Die für den 22. Januar geplanten Parlamentswahlen zu organisieren, war Präsident Iajuddin Ahmeds Aufgabe. Doch nach wochenlangen Unruhen, Blockaden und Streiks, bei denen mehr als 50 Menschen starben, legte Ahmed am 12. Januar überraschend sein Amt als Leiter der Übergangsregierung nieder. Er sprach von »drohenden wirtschaftlichen Einbußen und Anarchie«, es sei nicht mehr möglich, die Wahlen termingerecht durchzuführen. Der Aus­nahme­zustand wurde verhängt, die Medien dürfen über Proteste nicht mehr berichten, und an strategisch wichtigen Punkten in den Großstädten marschierten Soldaten und paramilitärische Truppen auf.

Bereits am folgenden Tag wurde der ehemalige Zentralbankchef Fakhruddin Ahmed als Leiter einer neuen Interimsregierung vereidigt. Doch die Ablösung einer Übergangsregierung durch die nächste und die Verschiebung der Wahlen sind in der Verfassung nicht vorgesehen. Über einen neuen Termin wird nun wohl das Verfassungsgericht entscheiden müssen.

Fakhruddin Ahmed sagte zu, das Wählerregister überarbeiten zu lassen, und erfüllte damit eine zentrale Forderung der Opposition, die Iajuddin Ahmed vorgeworfen hatte, bis zu zwölf Millionen nicht existierende Wähler dort eingetragen zu haben. Khaleda Zia habe Schlüsselpositionen in der Übergangsregierung mit ihren Anhängern besetzt. Die BAL feierte Iajuddin Ahmeds Rücktritt als »Sieg des Volkes«.

Der Disput zwischen Zia und Hasina hat immer mehr politische Institutionen einbezogen, einschließlich der Polizei. Die Machtmittel des Staats werden von der jeweils regierenden Partei gegen den politischen Gegner schonungslos eingesetzt. Allein die Armee gilt noch als neutral.

Nicht erst seit der jüngsten Krise sind viele Einwohner der Ansicht, dass diese Konfrontation beendet werden muss. 70 Parteien treten zur Wahl an, dennoch fehlt den knapp 80 Millionen Wählern eine wirkliche politische Alternative. Von der Unzufriedenheit will die Liberal Democratic Party (LDP) profitieren, die überwiegend aus ehemaligen BNP-Mitgliedern besteht. Als stärker gilt jedoch die Jatiya Party. Ihr Vorsitzender ist der ehemalige Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad. Er wurde in der vergangenen Woche freigelassen, nachdem er Mitte Dezember für einen zehn Jahre zurückliegenden Korruptionsfall zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war. An Einfluss gewonnen haben auch die islamistischen Parteien. Sie nutzten ihre Position als Koalitionspartner der BNP, um ihre Kader- und Tarnorganisationen landesweit auszubauen.

Nachdem sich nun herausgestellt hat, dass die Einsetzung einer Übergangsregierung keine besondere Errungenschaft für das politische System ist, weiß eigentlich niemand, wie es weitergehen soll. Die Uno und die EU mahnen eine baldige Rückkehr zu demokratischen Standards an und warnen vor einer Politisierung des Militärs.

Die Armee werde »nicht gegen die Verfassung handeln«, versicherte Ershad. Er nannte dafür auch einen guten Grund. Wenn Bangladesh zur Militärdiktatur wird, würde die Armee nicht mehr an den von der Uno bezahlten Blauhelmeinsätzen beteiligt. Und auf diese wichtige Einkommensquelle will niemand verzichten.