Hol den ­Wagen!

CSU im Volkstheater

Kürzlich im Münchner Staatsschauspiel: König Edmund liebt die prunkvolle Selbstinszenierung, gilt aber als schwacher König. Seine Handlungsfreiheit ist durch die Mitverantwortung für den Mord an einem gewissen Anzenhuber eingeschränkt. Feinde, die er in die Verbannung geschickt hat, planen seinen Sturz, am Ende wird er von einer Frau aus dem Volk erstochen. Das Publikum ist unzufrieden: Die Handlung sei dämlich, das Ende vorhersehbar und der Konflikt nicht tragisch. Vielleicht ist der Stoff eher etwas für einen oberbayerischen Polizeiroman. Zum Beispiel so:

»Wolfgang, hast du inzwischen herausgefunden, ob der Stoiber Feinde gehabt hat?«

»Ja, die hatte er, und nicht zu knapp. Nachdem der Streibl gestürzt war, gab’s Zoff um die Nachfolge. Stoiber soll damals gegen Theo Waigel einen schmutzigen Kampf geführt haben. Das hat die Schwaben in Rage gebracht, die ihren Waigel unterstützt haben. Die haben dann gefordert, dass Stoiber wenigstens einen Schwaben ins Kabinett holt.«

»Und, hat er?«

»Na, hat er nicht. Der Stoiber hat’s immer mit den Oberbayern gehalten. So fühlten sich dann auch die Oberpfälzer und Franken benachteiligt.«

»Er hat sich also mit den in der CSU tradi­tio­nell mächtigen Bezirken angelegt.«

»Auch mit der Landtagsfraktion. 1995 hat er einen gewissen Kurt Faltlhauser in die Staatskanzlei geholt. Der hat den Abgeordneten die kalte Schulter gezeigt. Die haben sich beschwert, von ihnen eingebrachte Anträge würden abgelehnt und dann leicht modifiziert als Vorschläge der Staatskanzlei wieder auftauchen. Richtig wütend wurden die, als Faltlhauser einmal öffentlich sagte, er würde die Fraktion mit Straßen und Sportstätten bestechen, damit sie andere, zukunftsträchtigere Projekte unterstütze.«

»Hm. Der Wirt hat vorhin von dieser Immobiliensache erzählt. Wissen wir darüber was?«

»Die staatliche Landeswohnungsgesellschaft LWS ist in den neunziger Jahren mit der Billigung Stoibers in ein risikoreiches Projekt im Osten eingestiegen und hat dabei 367 Millionen Mark Verlust gemacht.«

»Und da musste Stoiber nicht zurücktreten?«

»Er hat den Minister Alfred Sauter telefonisch gefeuert und so getan, als hätte er mit der Sache nichts zu tun.«

»Was hat der Sauter dazu gesagt?«

»›Schafsscheiß.‹ Seitdem sind die beiden nicht gut aufeinander zu sprechen. Der Sauter kommt übrigens auch aus Schwaben. Im Herbst 2005 kündigte er an, von seiner Kanzlei prüfen lassen zu wollen, ob der bayerische Ministerpräsident direkt vom Volk gewählt werden kann.«

»Der hätte also ein Motiv. Hat Stoiber noch mehr Minister gefeuert?«

»Ein paar schon. In der CSU wirft man ihm aber vor allem vor, dass er untragbar gewordene Minister nicht loswurde, weil er Konflikte scheute. Als der Gauweiler in die Bredouille kam, weil er Einnahmen aus der Verpachtung seiner Kanzlei verschwiegen hatte, musste Fraktionschef Glück ihn zum Rücktritt auffordern, weil Stoiber sich nicht traute. Auch in der BSE-Krise und beim Schweinemastskandal hat er lange an unfähigen Ministern festgehalten und auch selbst kein gutes Bild abgegeben.«

»Dann sind die Bauern wohl auch gegen ihn?«

»Fragen Sie lieber, wer nicht gegen ihn ist. Als alle dachten, er ginge nach Berlin, und sich schon auf ihre neuen Posten gefreut haben, ist er doch geblieben. Bis 2013 wolle er bleiben, hat er kurz vor seinem Tod gesagt. Da war das Maß voll.«

»Hol den Wagen, wir fahren nach Augsburg. Mal sehen, ob uns jemand was über diesen Theo Waigel erzählen kann.«

stefan frank