14.02.2007

Das Öl und die Sehnsucht der Seele

in die presse

Nur der Scheich ist wirklich reich. Doch ist er nur ein neureicher Barbar, der allein nach glitzerndem Tand giert? Oder ist er gar nicht so rückständig, wie arrogante Westler glauben? Zwei Beiträge werfen ein recht unterschiedliches Licht auf die Golfmonarchien.

Für Faisal Devji ist Dubai, »die Gesellschaft, die der Kapitalismus schuf«, ein postmodernes Paradies, in dem »nationalistische Hysterie und Fremdenfeindlichkeit kein Thema« sind. Denn »die geringe Zahl von Bürgern Dubais macht eine nationale Kultur unmöglich. Stattdessen existiert Nationalität in der Form von Werbung und Waren.« Gewiss, »zankende politische Parteien«, also Demokratie, gibt es nicht. »Demokratie ist in Dubai fehl am Platze, denn sie ist nur möglich in einer Gemeinschaft von Bürgern.« So eine richtige Monarchie ist das Land aber auch nicht, denn die Herrscher »agieren wie Vorsitzende von Unternehmen«.

»Selbst die durch das Öl sagenhaft Reichen können jene Sehnsucht der Seele und des Geistes, die man Kultur nennt, nicht für eine Hand voll Dollar kaufen«, meint dagegen Youssef Ibrahim. »Immer wenn es um Fragen des Geschmacks und der Künste geht, versagt ihre merkantile Herangehensweise.« So haben die Vereinigten Arabischen Emirate zwar einen gewaltigen Museumskomplex errichtet, doch »es wird schwer werden, genug Kunstliebhaber zu finden in einem Land, in dem es der Höhepunkt des intellektuellen Lebens ist, im Kino oder im Einkaufszentrum mit dem Handy zu telefonieren«.

Devji schreibt in der Financial Times, die in London erscheint, aber drei Viertel ihrer Auflage außerhalb Großbritanniens verkauft. Ihr ideeller Gesamtleser ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der das Blatt während eines Interkontinentalfluges zur Hand nimmt. Die New York Sun dagegen, in der Ibrahims Artikel erschien, ist eine konservative Zeitung, die vor allem für ihre Kunstkritiken gerühmt wird. Ihr ideeller Gesamtleser studiert das Blatt nach einem Besuch im Guggenheim-Museum. Insofern sagen die beiden Beiträge vielleicht mehr über die Wünsche und Ressentiments aus, die Redakteure bei ihren Lesern vermuten, als über die Golfmonarchien.

jörn schulz