Stabile Risiken
G 7. Hedgefonds und ihre Manager zu »zähmen«, dürfte nicht leicht sein. Nämlich ungefähr so schwierig, wie einem Löwen vegetarische Kost nahe zu bringen oder einen »gewöhnlichen« Unternehmer zu überreden, für den Erhalt von Arbeitsplätzen auf Profit zu verzichten.
Beim Treffen der Finanzminister der G 7-Staaten ging es am Wochenende in Essen um einen Plan, nach dem nicht weniger als die 100 größten Hedgefonds freiwillig einen »Verhaltenskodex« unterzeichnen und ihre Anlagestrategien offen legen sollten. Das berichtete Spiegel online. Nur scheint es noch lange nicht so weit zu sein. Derweil feierte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) es als Erfolg, dass immerhin darüber geredet wurde. Die Bundesregierung habe »ihr Ziel erreicht«, das Thema »auf die Agenda« zu setzen. In einem Schlusskommuniqué der Finanzminister hieß es, dass man in Zukunft »wachsam sein« sein wolle. Was immer das auch heißen mag.
International sollen über 9 000 Hedgefonds etwa 1,3 Billionen Dollar verwalten. Obwohl sie im Volksmund gemeinhin als »Heuschrecken« geschmäht werden, hoben die Finanzminister ihre »unzweifelhaften positiven Effekte« für die Finanzmärkte hervor. Schließlich trügen sie mit ihren »hochriskanten Anlageentscheidungen, wenn alles gut geht, zur Stabilisierung der Märkte« bei, wie es Spiegel online treffend formulierte. Die Geschäfte, bei denen es meist um ein Vielfaches des Eigenkapitals geht, klappen mal und mal auch nicht. Ganz offensichtlich ist die Lobby derer, die von den hohen Gewinnen profitieren, stärker als die derjenigen, die unter den Verlusten leiden. (gs)
Alle sind Metaller
Tarifverhandlungen. Als die Gewerkschaften und ihre Funktionäre noch als uneinsichtige »Blockierer« verunglimpft wurden, weil sie erbärmliche Lohnerhöhungen forderten und faktische Lohnsenkungen aushandelten, dachte man bereits, sie müssten sich in einem äußerst bedauernswerten Zustand befinden. Das wahre Ausmaß der Katastrophe wird jedoch vor der anstehenden Tarifrunde deutlich. Inzwischen unterstützen schon Politiker der Union die vom Vorstand der IG Metall vorgeschlagene Forderung von 6,5 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeberverbände knurrten zwar noch ein wenig. Doch der Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sagte der Bild am Sonntag: »Dort, wo es möglich ist, muss der Spielraum für Lohnerhöhungen genutzt werden.« Er forderte die Unternehmer auf, »nach Jahren der Lohnzurückhaltung« jetzt genau zu prüfen, was möglich sei.
Vom politischen Gegner auf die Schulter geklopft zu bekommen, ist ein Zeichen dafür, dass man ganz weit unten angelangt ist. (gs)
Rein statt raus
Schleuser. Die Leiter von Ausländerbehörden pflegt man deshalb nicht zu schätzen, weil sie dafür sorgen, dass möglichst viele Menschen, die das Land ohne Aufforderung und ohne deutschen Pass betreten haben, möglichst schnell wieder verschwinden. Kaum mehr Sympathie dürfte der Leiter des Ausländeramts der Stadt Leutkirch in Baden-Württemberg verdienen. Der 41jährige steht unter dem Verdacht, zusammen mit einem Komplizen gegen Geld Aufenthaltspapiere und Reisedokumente für mindestens elf Menschen aus dem Kosovo ausgestellt und ihre Einschleusung nach Deutschland organisiert zu haben. Fast 20 000 Euro sollen sie dabei verdient haben. Die beiden Männer wurden am Donnerstag voriger Woche festgenommen, das Büro des Amtsleiters und 16 Wohnungen durchsucht. Dem Beamten und seinem Komplizen wird gewerbsmäßige Bestechlichkeit und Bestechung vorgeworfen. (gs)
Putin will nicht teilen
Serbien. Nicht nur serbische Nationalisten sind unzufrieden mit dem Plan des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari, der eine faktische Unabhängigkeit des Kosovo unter internationaler Überwachung vorsieht. Präsident Wladimir Putin kündigte an, Russland werde jede Lösung blockieren, die nicht von Serben und Kosovo-Albanern freiwillig akzeptiert wird. »Sollten wir feststellen, dass eine der beiden Seiten mit der Lösung nicht zufrieden ist, werden wir die Entscheidung nicht unterstützen«, erklärte Putin am Samstag. Sein UN-Botschafter kann mit einem Veto im Sicherheitsrat den Plan blockieren. Russland hat nicht nur gute Beziehungen zu Serbien, sondern fürchtet auch die Schaffung eines Präzedenzfalls, der Separatisten in Tschetschenien und anderen Teilrepubliken ermutigen könnte.
Auch im Kosovo selbst gab es Kritik und Proteste. Mehrere tausend Serben demonstrierten im Norden der geteilten Stadt Kosovska Mitrovica gegen Ahtisaaris Vorhaben. Sie fürchten, nicht ausreichend gegen albanische Übergriffe geschützt zu werden. Den 3 000 albanischen Demonstranten in Pristina dagegen geht der Plan nicht weit genug. Als sie Regierungsgebäude zu stürmen versuchten, schoss die Polizei Gummigeschosse in die Menge. Zwei Protestierende wurden getötet. (hd)
Neue Rücktritte
Polen. Elf Minister haben die seit Ende 2005 bestehende polnische Koalitionsregierung bereits verlassen. Dass in der vergangenen Woche innerhalb von 48 Stunden zwei weitere Minister zurückgetreten sind, scheint rekordverdächtig. Wegen »Meinungsverschiedenheiten« gab Ludwik Stanislaw Dorn sein Amt als Innenminister auf, kurz nachdem Radoslaw Sikorski sich aus dem Verteidigungsministerium verabschiedet hatte. Der Ministerpräsident der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, hat nach eigenen Angaben alles »unter Kontrolle«, er schloss weitere Veränderungen nicht aus.
Erste Vorschläge für die Besetzung des Innenressorts gibt es bereits. Die Nachfolge Sikorskis im Verteidigungsministerium tritt Aleksander Szczyglo an. Er gilt als enger Berater des Staatspräsidenten Lech Kaczynski, des Zwillingsbruders Jaroslaw Kaczynskis. Der von den polnischen Medien als »dritter Zwilling« bezeichnete Dorn bleibt trotz seines Rücktritts weiterhin Fraktionschef der PiS und stellvertretender Ministerpräsident. (hd)
Sklaverei light
EU. Die EU-Kommission möchte mit einer vereinheitlichten Migrationspolitik die Einwanderung regulieren. Demnach sollen so genannte Job-Zentren in der Europäischen Union geschaffen werden, um afrikanischen Einwanderern legale Arbeitsmöglichkeiten zu bieten. Eine Projektkooperation zwischen der EU-Kommission, Frankreich, Spanien und dem westafrikanischen Staat Mali gibt es bereits. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Arbeitskräfte Malis in Saisonjobs bestimmter Dienstleistungssparten und in der Landwirtschaft in Frankreich und Spanien unterkommen.
Den afrikanischen Bewerbern sollen neben Sprachkursen auch eine fachliche Ausbildung und Mikrokredite für die Rückkehr geboten werden, sagte der Kommissionssprecher Amadeu Altafaj-Tardio. Offenbar hofft die EU, auf diese Weise sowohl den Arbeitskräftemangel in bestimmten Niedriglohnsektoren beheben als auch die illegale Migration bekämpfen zu können. (hd)
Klare Prioritäten
USA. Das Vorurteil, Konservative würden sparsam mit Steuergeldern umgehen, hat Präsident George W. Bush wohl endgültig widerlegt. Ausgaben in Höhe von 2,9 Billionen Dollar sind in seinem Budgetentwurf für das Haushaltsjahr 2007/08 vorgesehen. 439,3 Milliarden Dollar sollen für Verteidigung und innere Sicherheit ausgegeben werden, das sind 28,3 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahr. Das aber ist nur das »Friedensbudget« des Pentagons, weitere 50 Milliarden Dollar sollen für die Kriege im Irak und Afghanistan freigegeben werden.
Damit die Staatsverschuldung nicht in allzu astronomische Höhen steigt, sollen 141 Regierungsprogramme gestrichen und vor allem in den Bereichen der Renten- und Invalidenversicherung, Landwirtschaft, Verkehr und Bildung weitere Einsparungen vorgenommen werden. »Der Haushaltsentwurf ist voller Vergünstigungen für spezielle Interessengruppen wie die Öl- oder Atomindustrie und sieht bei all jenen Kürzungen vor, die sie sich am wenigsten leisten können«, kritisiert Senator Harry Reid, Sprecher der oppositionellen Demokraten. (hd)
Neuer Spieler, alte Regeln
Afrika/China. Der chinesische Partei- und Staatschef Hu Jintao war großzügig. Bei seiner Reise durch acht afrikanische Staaten sagte er Kredite in Milliardenhöhe zu, erließ Schulden, kündigte Investitionen an, vereinbarte Infrastrukturprojekte und bot Stipendien an. Für viele afrikanische Regierungen sind die Beziehungen zu China eine willkommene Ergänzung zum Handel mit dem Westen, zumal Hu auf lästige Mahnungen in Sachen Menschenrechte verzichtet und auch keine Strukturanpassungsprogramme fordert.
Doch die Handelsbeziehungen entsprechen einem neokolonialen Muster. Afrika, das rund zehn Prozent des Außenhandels mit China abwickelt, exportiert Rohmaterialien und importiert Fertigwaren. Der Import von Textilien und anderen Waren, die in Afrika mit höheren Kosten hergestellt werden, hat bereits zu Entlassungen und Lohndumping geführt. In Lukasa, der Hauptstadt Sambias, kam es deshalb zu Protesten gegen die chinesische Politik. Einen geplanten Besuch in einer in chinesischem Besitz befindlichen Kupfermine sagte Hu ab, denn seit einem Unfall, bei dem 49 Arbeiter starben, ist man dort nicht gut auf ihn zu sprechen. Er glaubt dennoch, dass die Beziehungen zu Sambia »eine neue strategische Partnerschaft« darstellen. (hd)
Alter Mann, neuer Streik
Guinea. Viele Oppositionelle waren misstrauisch, als Präsident Lansana Conté Ende Januar zusagte, er werde einen Teil seiner Macht einem »im Konsens« bestimmten Premierminister übertragen. Doch sie hofften, nach fast drei Wochen Generalstreik sei Conté konpromissbereiter geworden, und brachen den Ausstand ab. Nur wenige hätten wohl erwartet, dass der Autokrat sein Verprechen so schnell und so dreist brechen würde. Doch am Freitag ernannte der Präsident ohne Rücksprache mit den Gewerkschaften und den Oppositionsparteien seinen Parteifreund Eugene Camara zum Premierminister.
Bereits am folgenden Tag kam es in mehreren Städten zu Demonstrationen, acht Protestierende und ein Soldat wurden bei Straßenkämpfen getötet. »Wir haben einen sauberen Premierminister gefordert, stattdessen haben wir einen alten Mann aus der alten Garde bekommen«, kritisierte Louis Mbemba Soumah, Generalsekretär der Lehrergewerkschaft. In dieser Woche soll der Generalstreik wieder aufgenommen werden. (js)