Zu Füßen des Mannes

Die thailändische Regierung hat das Gesetz über Vergewaltigung in der Ehe reformiert. Aber nicht so, wie Frauenrechtsgruppen es gefordert hatten. von michael reckordt

Militärregierungen sind eigentlich nicht dafür bekannt, dass sie die Gleichberechtigung fördern. Es war jedoch die nach dem Putsch im September vorigen Jahres gebildete Regierung, deren Justizminister Charnchai Likhitjit­tha einen Gesetzentwurf vorlegte, der bei Vergewaltigungsfällen größere Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern vorsieht. Jahrelang hatten Frauenrechtsorganisationen wie die in Bangkok ansässige Foundation of Women (FoW) für eine Änderung des Artikels 276 gekämpft, der besagte, dass die Vergewaltigung »jeder Frau, die nicht die eigene Ehefrau ist«, eine Straftat darstelle.

Zufrieden mit der Reform sind die Frauenorganisationen jedoch nicht, denn die Regierung hat recht eigenwillige Vorstellungen von Gleichberechtigung. Statt die Bestimmung über die Ehefrau zu löschen, erweiterte das Justizministerium den Artikel. Nun ist die Vergewaltigung von »jemandem, der nicht die eigene Ehefrau oder der eigene Ehemann ist«, eine Straftat. Vergewaltigung in der Ehe ist also auch in Zukunft kein Verbrechen.

In einer Reihe von Gesetzen ist die Ungleichheit der Geschlechter weiterhin festgeschrieben. So können zum Beispiel Männer weiterhin eine außereheliche Beziehung der Frau als Scheidungsgrund anführen. Frauen hingegen müssen nicht nur nachweisen, dass ihr Mann mit einer anderen Frau ins Bett geht, sondern auch, dass er diese finanziell unterstützt und öffent­lich anerkennt.

Welche Vorstellungen viele Männer vom Eheleben haben, bekannte Watana Muang­sook, Minister für soziale Entwicklung der gestürzten Regierung. Die Frau solle sich, »bevor sie zu Bett geht, zu Füßen ihres Ehe­mannes verbeugen, um die familiären Probleme zu reduzieren«. Einer Studie des Institute for Population and Social Research der Mahidol-Universität aus den Jahren 2002 und 2003 zufolge musste knapp ein Drittel aller Frauen Erfahrungen mit sexueller Gewalt durch intime Partner machen.

Doch nicht nur diese Frauen werden von dem Gesetz benachteiligt, sagt Usa Lerdsrisuntad, Programmdirektorin des FoW: »Alle thailändischen Frauen sind von diesem Gesetz betroffen, da es den Glauben unterstützt, dass Frauen das Eigentum ihrer Ehemänner sind.« Der Zusatz sorge möglicher­weise sogar dafür, dass Ehefrauen ihre Misshandlungen noch seltener öffentlich machen. Usa Lerdsrisuntad befürchtet, dass nun Ehemänner, wenn sie angezeigt werden, der Ehefrau ebenfalls eine Vergewaltigung vorwerfen könnten, um sie unter Druck zu setzen. »Es bedeutet, dass thailändische Frauen kein Recht auf ein Leben ohne Gewalt in ihren eige­nen Häusern haben und ihnen somit ein grundlegen­des Menschenrecht verwehrt wird.«

Bereits im Jahr 2002 versuchten Frauenrechtsorganisationen, eine Änderung des repressiven Gesetzes zu erwirken. Doch der damals zuständige Council of State entgegnete, dass eine Änderung des Gesetzes die Basis der Ehe untergraben würde. Im vergangenen Jahr kritisierte das UN-Komitee der CEDAW (Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen) die thailändische Gesetzgebung.

»Auch wenn wir von dieser Regierung nicht erwarten, dass sie die Situation der Frauen in diesem Land verbessert, können wir nicht zulassen, dass sie den Rechten der Frauen in Thai­land schadet«, sagt Usa Lerdsrisuntad. Im Hinblick auf die geplante neue Verfassung hofft sie auf einen Artikel, der den Schutz von Frauen vor jeglicher Gewalt garantiert, so wie es die UN-Konvention vorsieht, der auch Thailand beigetreten ist.

Das Militär scheint jedoch andere Prioritäten zu haben. Über das neue Gesetz freuen kann sich einzig und allein die Gay Community Thai­lands. Denn erstmals in der Geschichte des Landes können homosexuelle Opfer eine Vergewal­tigung anzeigen.