Das Vertrauen der Anderen

Italienische Regierung bestätigt von catrin dingler, rom

Die Regierung des italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi ist wieder auferstanden. Für die Linke ist das allerdings kein Anlass, vorzeitig die Osterglocken läuten zu lassen. Obwohl das Mitte-Links-Bündnis Mitte voriger Woche bei der Vertrauensabstimmung im Senat mit knapper Mehrheit bestätigt wurde, hat sich das Kräfteverhältnis innerhalb der Koalition nun deutlich zur Mitte hin verlagert.

Denn entscheidend für die Bestätigung Prodis war weniger das zurückgewonnene Vertrauen der »dissidenten« linken Abgeordneten, sondern vielmehr die neu gewonnene Stimme des christdemokratischen Senators Marco Follini. Er will künftig dazu beitragen, »zwischen der moderaten Linken und der Mitte« eine Brücke zu bauen.

Den Grundstein für diese Verbindung hatte Prodi zuvor selbst gelegt. Im neuen »12-Punkte-Programm« der Regierungskoalition bleiben alle Anliegen der radikalen Linken unberücksichtigt: Entgegen pazifistischer Forderungen werden die militärischen Auslandsmissionen uneingeschränkt bestätigt. Die umweltpolitisch umstrittene Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Turin und Lyon soll endgültig gebaut werden. Außerdem wurde die in den vergangenen Wochen hart umkämpfte Gesetzesvorlage über die »Rechte und Pflichten von Personen, die dauerhaft zusammenleben« (»Diritti e doveri delle persone stabilmente conviventi«), von der Kabinettsordnung gestrichen.

Hinter der umständlichen Formulierung, die im italienischen Sprachgebrauch durch die Abkürzung Dico ersetzt wird, verbirgt sich der Versuch, dem Zusammenleben homosexueller und unverheirateter heterosexueller Paare einen zivilrechtlichen Rahmen zu geben. Dass die Dico eine wenngleich minimale Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften bedeuten würden, hat die christlichen Gemüter tief erschüttert. Der Papst persönlich warnt seit Wochen in jeder seiner Ansprachen vor der Abwertung der Familie in ihrer der katholischen Kirche heiligen Form.

Der Verdacht, der Altsenator Giulio Andreotti habe im Einklang mit den politischen Interessen des Vatikan den Sturz Prodis provoziert (Jungle World 09/07), erhärtete sich durch sein Verhalten während der Vertrauensabstimmung am Mittwoch. So begründete er nun sein fehlendes Vertrauen in Prodi damit, dass dieser die Dico zwar von der Dringlichkeitsliste der Regierung gestrichen, das Dekret aber den parlamentarischen Ausschüssen zur weiteren Ausarbeitung überlassen habe. Nicht genug damit, dass die treuen Anhänger des Vatikan seit Wochen atavistische Vorurteile und wüste homophobe Äußerungen verbreiten, nicht toleriert wird von ihnen auch, dass auf der politischen Tagesordnung eines formal kirchenunabhängigen Staats stehen bleibt, was nach ihren römisch-katholischen Wertvorstellungen nicht sein darf.

Ohne Zweifel hat der Druck aus der christdemokratischen Mitte zu einer Beschleunigung der seit langem andauernden Bemühungen geführt, die so genannten reformistischen linken Kräfte zusammenzuführen. Bereits im Frühjahr 2008 wollen sie sich zu einer neuen »Demokratischen Partei« formieren.

Damit stehen die als radikal bezeichneten Parteien des linken Spektrums unter Zugzwang. Doch sowohl das programmatische Festhalten an fragwürdigen antiimperialistischen Positionen als auch der narzisstische Geltungsdrang ihrer männlichen Protagonisten machen es zweifelhaft, ob es den linken Kleinparteien in absehbarer Zeit gelingt, gemeinsam zu agieren. Da kann der Vorsitzende der Rifondazione Comunista Fausto Bertinotti noch so lange, wie in einem Interview mit der Tageszeitung Liberazione, den Zusammenschluss einer »transversalen«, »kritischen Masse« beschwören.